Zwei neue Bauten von OFFICE werden wohl aufgrund ihrer unkonventionellen Gebäudehülle einige Neider auf den Plan rufen – zumindest im Land der Wärmedämmverbundsysteme. Die beiden Kulturzentren, die dem Erlernen und der Aufführung traditioneller Musik gewidmet sind, ziert eine Vorhangfassade par excellence: Ein beweglicher Schleier aus fein gewebtem Stahl. Das fragil wirkende Gewebe schützt die Gebäude vor Überhitzung an ihrem Standort in Bahrain, denn im Nahen Osten sind Temperaturen bis 39 Grad nicht ungewöhnlich.
Der Inselstaat hatte im Zuge eines Umstruktrierungsplanes für die ehemalige Perlentaucherstadt Muharraq einen Einladungswettbewerb ausgelobt, den das Brüsseler Büro von Kersten Geers und David van Severen gewann. Baubeginn der konzeptgleichen Projekte, genannt Dar al Jinaa und Dar al Riffa, war 2013. Mit einem Budget von 800.000 Euro wurde Dar al Jinaa nun abgeschlossen.
Ebenso wie beim noch nicht fertiggestellten Dar al Riffa renovierten die Architekten ein existierendes Haus („Dar“) ortstypischer Bauweise. Auf dem Nachbargrundstück fügten sie einen sich nach oben hin verjüngenden Neubau auf rechteckigem Grundriss hinzu. Das Konstruktionsprinzip ist simpel: Zwei Geschossplatten lagern auf runden Stützen, die etwas zur Gebäudemitte hin eingerückt sind. Die so entstandenen umlaufenden Außenflächen dienen der vertikalen Erschließung und nehmen die sanitären und gebäudetechnischen Anlagen in Boxen auf. Der verglaste Innenraum, der zusätzlich durch das Entfalten perforierter Holzpaneele verschattet werden kann, bleibt weitgehend frei und ermöglicht unterschiedliche Bespielungen.
Im ungenutzten Zustand verbirgt sich der Neubau hinter dem heruntergelassenen Netz. Dessen feinmaschige Struktur korrespondiert erstaunlich gut mit den grob verputzten Fassaden der Nachbarhäuser und sorgt zwischen ihnen für ein nahezu unscheinbares Äußeres des Kulturzentrums. Geben die Fjiri-Musiker darin Konzerte, kann der Schleier gelüftet werden. Die Raffungen erinnern an Theatervorhänge und machen den Straßenraum auf surreale Weise zum Auditorium – die in leuchtendem Rot gehaltenen Fensterrahmen ziehen die Aufmerksamkeit vorübereilender Passanten auf das traditionsreiche Geschehen im Innenraum. (kms)
Fotos: Bas Princen
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