Das Seebad Cabourg in der Normandie verdankt seine Bekanntheit Marcel Proust. Der Schriftsteller verewigte die kleine Stadt als Balbec – Handlungsort in seinem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, den er von 1907 bis 1914 jeden Sommer im Grand Hôtel Cabourgs schrieb. Bis heute leben die Bürger*innen der kleinen Stadt vor allem vom Tourismus. Tristan Duval vertritt seit 2015 als Bürgermeister ihre Interessen. Mit dem kulturellen und sozialen Zentrum möchte er eine neue Begegnungsstätte außerhalb des historischen Stadtkerns etablieren. Im Frühling dieses Jahres eröffnete der städtische Bau, geplant von Lemoal Lemoal Architects (Paris, Rennes).
Das für den Gemeindebau zur Verfügung stehende Grundstück in einer im Norden liegenden Wohnsiedlung war vom Stadtzentrum schwer zu erreichen, weshalb das Projekt zugleich mit der Neuorganisation des Verkehrssystems einher ging. Fußgänger passieren nun die neue Plaza des Gemeindezentrums auf dem Weg in die Altstadt. Die öffentliche Plaza entsteht in Nord-Süd-Ausrichtung zwischen den beiden L-förmigen Gebäuden, die sich spiegelverkehrt gegenüber liegen. Zur Plaza hin öffnen sich die Gebäude mit über die gesamte Fläche gehender Verglasung.
Im nördlich gelegenen Gebäude sind sowohl das Kulturzentrum als auch die Räume für eine Stadtbibliothek untergebracht. Ihm gegenüber liegt das Gemeindezentrum. Beide folgen dem gleichen Organisationsprinzip: Über die Plaza betritt man einen offenen Empfangsbereich, von dem ein langer Korridor zu den Büro- bzw. Serviceräumen führt. Diese befinden sich auf der Rückseite des Gebäudes, wo es mehr Ruhe und Privatheit gibt. Im Kulturzentrum liegt der Gemeinschaftsbereich zum Lesen und Spielen an der Glasfassade zur Plaza hin, im hinteren Bereich gibt es ebenfalls Büros und Rückzugsräume.
Die Struktur beider Bauten ist normannischen Bauernhäusern entlehnt: Eine eingeschossige Holzrahmenkonstruktion, die ein großes Giebeldach ausbildet. Die Dächer sind mit Schindeln aus Terrakotta gedeckt, ebenso wie die nicht verglasten Fassadenflächen auf den Rückseiten der Gebäude. Die Terrakottaschindeln sind in dem Ort Bavent, in der Nähe von Cabourg hergestellt. Für Verschattungen an den verglasten Fassadenseiten sorgen horizontale Holzlamellen, die das Fassadenbild zudem strukturieren.
Im Mittelpunkt aber soll die Öffentlichkeit stehen — eine Plaza, auf der Menschen einander begegnen und interagieren. Und von innen kann man sie dabei beobachten, geschützt hinter den Scheiben der Bibliothek sitzend. (eb)
Fotos: Elodie Dupuis, Javier Callejas
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STPH | 25.07.2019 07:40 UhrKreislauf der Mode-rne
wie sich Struktur, Skulptur und Bandhorizontale doch im Wechsel und Kreislauf wiederholen. Diese Struktur hier ist, weil eher Retro, vielleicht deshalb gerade direkt wieder vor unseren Füßen.
Um welche Mitte dreht sich dieses Karussell ?
Es ist wohl der Raum, der Nur raum und die Moden sind seine verschiedenen Eigenschaften.
Die Skulptur als Materie, Die Bandhorizontale als Bewegung und die Struktur als endlich im Maßstab, unendlich in der Zahl ?