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20.08.2024
Wind und Wasser im Kreis
Kulturzentrum von Atelier Oï in Kambodscha
Rund eine Stunde dauert es mit dem Auto von Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh bis zum Campus der Schweizer Hilfsorganisation Smiling Gecko im Nordwesten. Seit 2014 ist hier in der Provinz Kampong Chhnang eine 150 Hektar große Anlage für Schul- und Berufsbildung entstanden. Es gibt eine Schule, eine Schreinerei, eine Metallwerkstatt, eine Fischzucht und verschiedene Landwirtschaftsbetriebe. Auch ein Hotel ist als Ausbildungsstätte Teil des Campus, eine Mittelschule ist im Bau und eine Wissenschafts-Universität in Planung. 420 Menschen arbeiten hier, 500 Kinder besuchen die Schule.
Was dem Campus-Initiator und Schweizer Fotografen Hannes Schmid noch fehlte, war ein Haus für kulturelle Veranstaltungen. Vor drei Jahren beauftragte Schmid das Schweizer Büro Atelier Oï (La Neuveville) mit einem Entwurf. So entstand The Gong, ein kreisrundes Kulturzentrum, das im Juni seine Tore öffnete – wenn es denn welche hätte.
Das spendenfinanzierte Gebäude liegt auf einem kleinen künstlichen Hügel um etwa zwei Meter höher als der Rest des flachen Geländes. So ist es vor Überschwemmungen geschützt. Ringsum soll ein Bambuswald wachsen. Der Durchmesser des Hauses beträgt 40 Meter bei 9,60 Metern Höhe. Es enthält vier kleine Studios für Tonaufnahmen, zwei Kontrollräume, eine Kabine für Videoaufnahmen, die nötigen Technikräume und Büros sowie ein Theater mit 100 Sitzplätzen, dazu ein Freiluftauditorium und ein Café. Die Studios können gemietet werden, die Einnahmen fließen wieder in den Campus. Ansonsten nutzt die Schule The Gong für Musik- und Theaterunterricht.
Der Boden ist ein Fundament aus Stahlbeton, die Wände bestehen aus Mauerwerk, das sich in verschiedenen Verbänden für Licht und Luft öffnet. Nur die neun Studios sind umschlossene Räume, alle anderen Funktionen wurden durch die freistehenden Ziegelwände unter dem großen Schutzdach eher als lose definierte Zonen abgelegt. Es gibt also kaum Türen. Eine Bauweise, die auch den lokalen klimatischen Bedingungen entgegenkommt. Der durchgehende Boden aus poliertem Beton unterstützt die Idee eines freien Spazierens durch das Gebäude.
Die Farbe Rot ist omnipräsent. Auch im Dach, das von 36 Stützen und einem Stahlfachwerk mit bis zu 14 Metern Spannweite getragen wird. Am spektakulärsten wirkt das Zentrum des kreisrunden Hauses, wo es sich mit zwei Stufen zu einem ebenso runden Platz samt kleinen Amphitheaters unter freiem Himmel öffnet. Bei Regen verwandelt sich der Raum in eine „dynamische Wasserskulptur“, schreibt die Hilfsorganisation. Das aufgefangene Wasser wird wie in einem altrömischen Impluvium gesammelt und für die Bewässerung der Felder in ein Rückhaltebecken geleitet.
So ist The Gong eben nicht nur formal ein Kreis, sondern auch sonst von allerlei Kreisläufen bestimmt: Vom Wind, der eine weitgehend natürliche Kühlung unterstützt, über das Wasser bis hin zu den Materialien, die alle auf möglichst vollständige Wiederverwendbarkeit hin montiert wurden. Gebaut haben das Kulturzentrum selbstverständlich auch lokale Handwerker*innen. (fh)
Fotos: Smiling Gecko, Atelier Oï
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