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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Kulturzentrum_in_Sao_Paulo_von_Paulo_Mendes_da_Rocha_und_MMBB_architects_5484172.html

04.09.2018

Urbanität statt Firmensitz

Kulturzentrum in Sao Paulo von Paulo Mendes da Rocha und MMBB architects


Demokratischer und öffentlich zugänglicher Raum für die Gemeinschaft statt Privatisierung, Grenzziehung und fragmentierter Eigendynamik – wie Großstadtmetropolen weiterentwickelt, Vorhandenes umgeformt und Räume, die urbanes Leben ermöglichen, neu entstehen können, wird derzeit viel diskutiert. Und insbesondere in Brasilien sind dahingehend immer wieder wegweisende Projekte entstanden. Umgekehrt wird aber mit Blick auf das gerade tragischerweise ausgebrannte Museum in Rio de Janeiro bereits davon gesprochen, dass die neoliberale Sparpolitik von Michel Temer wesentlich zum mangelnden Brandschutz des Gebäudes beigetragen hat – mit dem Verlust eines existierenden kollektiven Erinnerungsortes als Folge. Wie geht es also weiter im größten Land Südamerikas?

Die brasilianischen Architekten Paulo Mendes da Rocha und MMBB architects verstehen den oben beschriebenen Veränderungsprozess als eine allmähliche Anpassung an das Alltagsleben der Gesellschaft und zeigen mit dem SESC 24 de Maio eine beispielhafte Reaktivierung im Kontext kulturellen Erbes. In ihrer Heimatstadt São Paulo haben sie den ehemaligen Firmensitz des Möbelkaufhauses Mesbla im Herbst 2017 zu einem Kultur- und Freizeitzentrum umgestaltet.

Um auf die verschiedenen Anforderungen des neuen Treffpunkts reagieren zu können, formten die Architekten den Bestand grundlegend um: Einige Elemente wurden entfernt und, als Varianz zur monotonen Geschossstruktur, Zwischenebenen integriert. Hinzugefügt wurde das Solarium und der Swimming Pool auf dem Dach. In die Fassade wurden offene Bereiche integriert, die als Zwischenräume und Gärten fungieren. Wichtig für die Umsetzung war dabei zum einen die Entscheidung für einen externen Funktionsturm, der Gebäudetechnik und Aufzüge fasst. Zum anderen die Konstruktion einer neuen Gebäudestruktur – getragen von vier Hauptsäulen. Die Verbindung zur Umgebung ist räumlich durch eine ebenerdige Passage mit Galerie-Charakter und visuell durch das neu integrierte, vertikale Erschließungssystem gegeben: Rampen erlauben eine spielerische Durchwegung des Zentrums. Neu ist außerdem das Theater mit Café in der ehemaligen Garage, die hierfür ein Stück tiefer gesetzt wurde.

SESC (Serviço Social da Comércio) ist eine seit 1940 bestehende nationale Non-Profit Organisation. Sie wurde von der Gewerkschaft für Handel und Dienstleistungen ins Leben gerufen, um Freizeitstätten für Arbeiter und ihre Familien zu schaffen. Das bekannteste Zentrum dieses Netzwerks ist das SESC Pompeia, das Lina Bo Bardi 1982 zusammen mit Marcelo Ferraz und André Vainer errichtete. Das SESC 24 de Maio ist das neueste der bisher 38 Zentren und hat seit seiner Eröffnung bereits über eine Millionen Besucher empfangen. Das Projekt ist aktuell auch für den Mies Crown Hall Americas Prize nominiert. (rc)

Fotos: Nelson Kon


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Mehr zu Lina Bo Bardi in der Baunetzwoche #229


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