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11.04.2023
Überbleibsel der Ländlichkeit
Kulturzentrum in Chessy von OPUS 5 Architectes
Im März dieses Jahres stellten OPUS 5 Architectes (Paris) den Umbau und die Sanierung des ehemaligen Wirtschaftshofes Tournelles in der französischen Gemeinde Chessy fertig. Statt schwerer Landmaschinen beherbergt dieser auf 2.600 Quadratmetern Bruttogrundfläche nun ein Kulturzentrum mit Musikschule, Auditorium und Mehrzweckhalle.
Die Hofanlage ist architektonisches Zeugnis der landwirtschaftlich geprägten Geschichte des Ortes, die bereits 450 vor Christus begann. Das Vordringen des nur wenige Kilometer entfernten Pariser Ballungsraums ab den 1960er Jahren führte zu einer starken Urbanisierung des Gebietes. Chessy wurde in dieser Zeit zu einem beliebten Ferienort für die Bewohner der benachbarten Metropole. Die Zuordnung des Ortes zur 1972 gegründeten Planstadt Marne-la-Vallée und der Bau des Themenparks Disneyland Paris auf dem Gemeindegebiet ab 1987 bedeuteten einen erheblichen demografischen, wirtschaftlichen und sozialen Umbruch in der Region. Die Architekt*innen sprechen deshalb von dem neu entstandenen Kulturzentrum als identitätsstiftendes Denkmal, als Überbleibsel der Ländlichkeit und beschreiben eine Architektur, die in ihrem historischen Bezug wurzelt.
Der Wirtschaftshof ist durch seine einfachen, massiven Volumen gezeichnet, die sich um den Innenhof reihen und ihn von der übrigen Stadt abschotten. Der festungsartige Eindruck wird durch die hohen, fensterlosen Fassaden der ehemaligen Scheunen verstärkt. Diese blieben während der Umbauarbeiten vollständig erhalten und bilden heute als Auditorium und Orchestersaal die Hauptgebäude der Anlage. Das Bruchsteinmauerwerk wurde restauriert.
Die zwei Seitenflügel im Nordwesten und Südosten konnten nach Aussage der Architekt*innen nicht erhalten werden. Sie wurden durch zwei Neubauten ersetzt, die sich wie Umfassungsmauern um den Hof herum anordnen und die ursprüngliche Morphologie wiederherstellen. Dachziegel und Bruchsteine der Vorgängerbauten wurden wiederverwendet und bilden heute in Form von Gabionen die Vorhangfassade der Seitenflügel. Als konstruktives Material wählten die Architekt*innen Beton. Die Neubauten mit ihren unregelmäßigen, kreisrunden Fensteröffnungen nehmen die Übungsräume der Musikschule sowie die Mehrzweckhalle und Nebenräume auf. Auch beim Innenausbau der Bestands- und Neubauten wurden die Materialien überwiegend in ihrem Rohzustand belassen – so bei den Sichtbetonwänden, den Akustik-Holzfaserplatten an den Decken und den Estrichbodenplatten.
Alle Gebäude werden im Innenhof durch einen umlaufenden Weg verbunden, der sich aus Pflastersteinen des ehemaligen Wirtschaftshofes zusammensetzt. Die zentrale Fläche des Hofes ist befestigt und nimmt ein Amphitheater auf, das bei Regen als Auffangbecken dient. Zu den 6.300 Quadratmetern Außenfläche gehören außerdem 70 Stellplätze, die jedoch der Hofanlage vorgelagert sind. Die Projektkosten beliefen sich nach Aussage der Architekt*innen auf 7,9 Millionen Euro netto. (sbm)
Fotos: Luc Boegly
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