Kultur statt Industrie: Wo früher flotte Flitzer vom Band rollten werden bald die Pinsel geschwungen und Pixel gezählt. Am vergangenen Mittwoch stellte Jean Nouvel (Paris) in Boulougne-Billancourt, einem der wichtigsten Wirtschaftsstandorte der Pariser Region, seinen Masterplan für die Ile Seguin vor. Die 11,5 Hektar große Seine-Insel beherbergte bis zum Jahr 1992 die Renault-Werke und soll nun zu einer Kulturinsel umgebaut werden.
Nouvel sieht in seiner Planung auf den zwei Spitzen der Insel jeweils ein kulturelles Highlight vor. So soll an der einen Spitze ein Musik-Komplex mit Sitz des regionalen Konservatoriums sowie einem mittelgroßen Konzertsaal für klassische und einem großen Saal für verstärkte Musik entstehen. Am anderen Ende der Insel ist ein 20.000 Quadratmeter großes Gebäude für Galeristen, Künstler und Sammler geplant. Auch eine von Renault getragene Stiftung für zeitgenössische Kunst wird im sogenannten „Portrait de l’art“ (Kunstportrait) ausstellen. Verbunden sind die beiden Kulturhäuser durch einen gigantischen Kinokomplex, der neben 3.200 Sitzplätzen auch eine Einrichtung für digitale Kunst und einen sogenannten „cirque numérique“ (digitaler Zirkus) beherbergen soll. Für den Entwurf der Grünflächen und des zentralen überdachten Gartens ist der Landschaftsarchitekt Michel Desvigne verantwortlich.
Bis 2017 soll das Projekt umgesetzt werden. Während der letzten zehn Jahre folgte ein Projektvorschlag dem anderen (siehe BauNetz-Meldung vom 31.10.2001). Inzwischen gleicht die Insel einer verwilderten Brache. Der Architekt orientierte sich nach eigenen Aussagen an der Landschaft und möchte mit der Bebauung einen Bezug zur umgebenden Geografie herstellen. Sein Ziel sei es ein Viertel zu schaffen, das sowohl bei Tag als auch bei Nacht attraktiv und lebendig ist.