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16.10.2017

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Zeitreise in Klinker

Kulturhistorisches Zentrum in Vreden von Pool Leber


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Im Gegensatz zu anderen Gegenden in Nordrhein-Westfalen erfreut sich die Stadt Vreden im Westmünsterland stetig wachsender Einwohnerzahlen. Die Verbindung zu den nur acht Kilometer entfernten Niederlanden ist eng. Die Zeichen stehen also gut für einen großen, neuen Kulturbau am Rande des mittelalterlichen Stadtkerns, der seit dem Wiederaufbau nach dem Krieg über einen aufgelockerten Stadtgrundriss verfügt.

Der historische Baubestand auf dem Wettbewerbsgrundstück für ein neues kulturhistorisches Zentrum in Vreden hat Pool Leber Architekten (München) fasziniert. Obwohl sie 2013 hinter Bez+Kock Architekten (Stuttgart) nur den zweiten Preis erhalten hatten, konnten sie ihr 4.600-Quadratmeter-Projekt realisieren. Die Münchner arbeiteten bei der Umsetzung des Entwurfs in einer ARGE mit dem Büro Bleckmann Krys Architekten (Münster), die die Leistungsphasen 6 bis 8 verantworteten. Neben dem denkmalgeschützten und gut erhaltenen Armenhaus aus dem 16. Jahrhundert fanden die Architekten auf dem Grundstück ein Museum zur Regionalgeschichte in zwei Gebäuden aus den Siebziger- und Achtzigerjahren vor. Ihr Konzept zielte darauf, diesen Bestand zu erhalten und zu ergänzen, so dass „das Ensemble die kleinteilige geschlossene Stadtmauerbebauung der historischen Stadt fortführt“, so die Architekten.

Einige überraschende Entdeckungen erforderten allerdings Kompromisse: Leider war der Zustand der Nachkriegsbauten zu schlecht, um die Originalfassaden erhalten zu können. Aus Kostengründen einigte man sich mit dem Bauherren darauf, das gesamte Ensemble mit einer einheitlichen Hülle aus kohlegebrannten Ziegeln eines lokalen Werkes zu überziehen. Die Hülle verweist jedoch auf die Baugeschichte, indem sie beispielsweise die postmodernen Gesimse des Baus aus den Achtzigerjahren vereinfacht wiederherstellt. Im Südosten des Grundstücks kam hinter einer Fassade aus den Fünfzigerjahren der Pulverturm aus dem 14. Jahrhundert zum Vorschein. Die Wiederherstellung dieses ältesten Profanbaus der Stadt ist noch im Gange.

Die Setzung der Öffnungen im Neubau wirkt auf den ersten Blick vielleicht ein wenig willkürlich, sie bezieht sich jedoch auf Sichtachsen zu wichtigen historischen Landmarken. So kann passenderweise aus dem kirchlichen Ausstellungsteil des neuen Museums der Ausblick auf zwei Kirchen genossen werden. Neben dem 1.400 Quadratmeter großen Westmünsterland Museum beinhaltet der Komplex mit dem Namen kult Stadt- und Kreisarchive aber auch die Kulturverwaltung, das Stadtmarketing und ein wissenschaftliches Institut. Der 9,4 Millionen Euro teure Bau dient also zugleich als Museum, Archiv und Veranstaltungsort. Diese Nutzungsvielfalt soll sich in der verwinkelten Architektur als „eine Stadt im Mikrokosmos“ abzeichnen.

So wie außen dominiert auch im Inneren eine puristische Materialästhetik, indem der tragende Beton mit sägerauher Schalungsstruktur großflächig sichtbar bleibt. Leider werden die verschiedenen Zeitschichten dahinter zu gut versteckt. Schön, dass neben den originalen Oberflächen des Armenhauses auch der Pulverturm, wenn er dann wieder hergestellt sein wird, diese Homogenität ein wenig konstratiert. (dd)

Fotos: Brigida Gonzalez


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

4

atm | 18.10.2017 16:25 Uhr

Toll!

Sehr schön!
Weil:
Städtebauliche Körnung, Kubatur und Plastizität in ablesbarer Skulpturalität münden!
Innenräumlicher Fluss und Materialität präzise umgesetzt sind - bis ins Detail!
Wahrscheinlich perfekt, oder?

3

Auch ein Architekt | 18.10.2017 14:58 Uhr

TOP!

Durch die Bank weg ein gutes Projekt. Hier stimmt alles! Die Glasfuge zum Platz hin! Toller Auftakt für das Gebäude! Super!

Schade nur, dass zu einem solchen Projekt kaum Kommentare abgegeben werden!

Von Entwurf bis zum Detail tadellos!

2

Karlo | 17.10.2017 11:45 Uhr

Innen(t)raum

Großartige Innenräume und das in Deutschland! Auch die Präzision rührt fast zu Tränen, z.B. in Bild 4 das Oberlicht. Das einzige, was ich nicht verstehe ist diese Anti-Tektonik u.A. in Bild 1&2. Warum "schwebt" der an und für sich schöne und schwere Baukörper mit gut gesetzen wohl proportionierten Fensteröffnungen auf einer Glasfuge? Sehr schade, ansonsten nicht nur innenräumlich sehr schön! Gratulation und mehr davon!

1

Designer | 17.10.2017 10:18 Uhr

in Deutschland

Toll, das sowas auch hin und wieder in Deutschland gebaut wird. Manchmal habe ich den Eindruck, anspruchsvolle Kulturbauten entstehen nur im Ausland.

Vor allem ist schön, dass auch in ländlichen Gegend so viel investiert wird. Denn die Attraktivität hier lässt weniger Menschen in die schon überfüllten Städte abwandern.

Bitte mehr davon!

 
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