Venedig sperrt sie aus, Palma de Mallorca diskutiert eine tägliche Obergrenze und Norwegen verbannt Schiffe mit Schweröl ganz aus ihren Fjorden – Kreuzfahrtschiffe lösen längst nicht mehr nur sehnsüchtige Blicke und Vorstellungen á la „Traumschiff“ aus. Nicht erst seit der Pandemie, die auf engen Schiffen oft schwer umsetzbare Standards in Sachen Abstand und Hygiene gesetzt hat, stellt sich die Frage ob Kreuzfahrten noch zeitgemäße Reiseformen sind, schon vorher stand das Geschäft in der Kritik: klimaschädliche Abgase aus den Schornsteinen, Bugwellen, die die Bausubstanz beschädigen und Touristenmassen, die kleine Orte regelrecht überschwemmen.
Und doch reißt das Geschäft mit den Ozeanriesen nicht ab, hängen große Hoffnungen an den schwimmenden Städten, die mit den Menschen auch Geld in die örtlichen Kassen spülen sollen. Zumindest saisonal. Und so wird weiter geschippert – und weiter gebaut. So auch in Limassol, an der zyprischen Südküste. Die wichtigste Hafenstadt Zyperns hat sich, beauftragt von der Cyprus Port Authority, ein neues Kreuzfahrtterminal an den Pier gestellt. 13 Millionen Euro teuer, im Jahr vor der Pandemie eröffnet, dann wieder geschlossen, im Sommer 2021 wiedereröffnet. Entworfen wurde das Limassol Cruise Ship Terminal vom zyprischen Büro irwinkritioti architecture (Nikosia).
Im Industriehafen Limassols, zwischen Container- und Kriegsschiffen, liegt der 350 Meter lange Neubau an der Ostseite des Hafens. Der aus einer Reihe elliptischer Schalen bestehende Bau ersetzt eine alte Industriehalle, die jahrelang als Empfangs- und Abfertigungsgebäude für Kreuzfahrten ins östliche Mittelmeer gedient hatte. In der von Industrie geprägten Umgebung sollte das neue Terminal „eine starke visuelle Identität aufweisen und gleichzeitig einen Ort der Ruhe für sich nur kurz aufhaltende Passagiere bieten“, so die Architekt*innen.
irwinkritioti hatten mit ihrem Entwurf eines wellenförmigen, aus Titanzink bestehenden Baukörpers den ausgelobten Wettbewerb gewonnen; die abgerundeten Formen sollen ihn von der industriellen Umgebung, von Kränen und Containern abheben. An- und abreisende Passagiere werden nun durch eiförmige Hallen gelotst, deren mit weißem Holz verkleidete Wände und Decken an die Holzplanken alter Schiffe erinnern sollen. Große Portalfenster lassen Reflexionen von Sonne und Wasser in den polierten Böden spiegeln.
Eine halbe Million Passagiere sollen laut Prognose das Terminal jährlich durchlaufen. Obwohl es sich um eine kontrollierte Grenze mit allen erforderlichen Zoll- und Sicherheitsanforderungen handelt, habe man labyrinthische Grundrisse und tiefe Räume, wie sie oft in Transitgebäuden vorkommen, vermeiden wollen, das Gebäude stattdessen visuell offen konzipiert. Dafür wurden die einzelnen Betriebsbereiche der Länge nach auseinandergezogen. Für diejenigen, die nicht auf Reise gehen, soll das zudem Einblicke in die Arbeitsabläufe des Hafens ermöglichen.
Da auch auf Zypern das Kreuzfahrtgeschäft ein saisonales ist, sollen die Ankunftshallen, die sonst leer stünden, auch für Hochzeiten, Konferenzen und Ausstellungen genutzt werden, eine Bar auf dem Dach zusätzlich Gäste anlocken. Von Nutzer*innen wird das wiedereröffnete Gebäude nüchtern betrachtet: „Etwas außerhalb der Stadt Limassol gelegen. Eher Industriehafen mit futuristischem Empfangsgebäude. Die Stadt ist am besten mit dem Shuttlebus oder dem Taxi innerhalb einer Viertelstunde zu erreichen“, heißt es auf Google. (kat)
Fotos: Charis Solomou, Alkis Touvanas, Richard Irwin
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