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14.11.2018
Abschied zwischen Landschaft und Marmor
Krematorium in Aalst von KAAN
Grauer Sichtbeton, kräftig strukturierter Marmor, beigfarbene Lederbänke und Menschen, die sinnierend durch rahmenlose Fenster in die Dünen blicken: Beim jüngsten Projekt von KAAN Architecten (Rotterdam) im belgischen Aalst liegt der Gedanke an ein ambitioniertes Studentenprojekt nahe. Nicht, weil die Qualität nicht stimmt, im Gegenteil, hier passt alles. Sondern weil ein solches Maß an Purismus im öffentlichen Bauen nur selten eine Chance auf Umsetzung hat – zumindest hierzulande.
Das Projekt geht zurück auf einen Wettbewerb, den das Büro – beziehungsweise das Vorgängerbüro mit dem damaligen Partner Felix Claus – bereits 2012 gewinnen konnte. Anfang 2015 folgte dann unter der Direktive von Kees Kaan eine Überarbeitung, deren Resultat das nun fertiggestellte Gebäude ist. Der gesellschaftliche Hintergrund: Wie auch anderswo in Europa ist in Belgien die Nachfrage nach Feuerbestattungen stark gestiegen. Die bestehenden Kapazitäten reichen nicht mehr aus. Am westlichen Rand der zwischen Gent und Brüssel gelegenen Kleinstadt entstand deshalb das quadratische Volumen mit einer Kantenlänge von 74 Metern.
Als wichtigste räumliche Setzung dürfte sich dabei der kleine – noch nicht umgesetzte – Park erweisen, der das Gebäude nach den Plänen von Landschaftsarchitekt Erik Dhont (Brüssel) umschließt und damit von der suburbanen Umgebung isoliert. Mit der sanften Modellierung des Grundstücks samt Teich und neuen Baumreihen entsteht erst jener landschaftliche Kontext, auf den sich der Entwurf dann bezieht. Das Reservoir dient der Regenwasserhaltung, während die Hügel als besinnlicher Ort genutzt werden dürfen, um die Asche der Verstorbenen zu verstreuen. Sie rahmen außerdem einen klassischen Urnengarten.
Das komplexe Programm eines Krematoriums organisieren die Architekten in einem lückenlos gefügten Grundriss, der durch Patios aufgelockert wird. Ein breiter Gang unterteilt das Gebäude dabei in einen nördlichen und südlichen Teil. Letzterer dient dabei der Verpflegung der Hinterbliebenen und umfasst neben einer Cafeteria auch kleinere Räume für einzelne Trauergemeinschaften. Im nördlichen Abschnitt ist hingegen Platz für das eigentliche Gedenken, wofür zwei Aussegnungshallen unterschiedlicher Größe zur Verfügung stehen. Auch kleine Aufbahrungsräume für den persönlichen Abschied gibt es, die wiederum über eigene Patios verfügen. Die Architekten schaffen damit eine intime Atmosphäre, mit der sie die geschäftige Außenwelt für die Zeit des Abschieds vergessen machen wollen.
Was an dem Gebäude durch und durch beeindruckt, ist die ruhige Monumentalität, die hier nicht zuletzt durch Materialwahl, Farbigkeit, Lichtführung und Raumhöhe erreicht wurde. In den öffentlichen Teilen des Gebäudes sind oft über sechs Meter gegeben, was zusammen mit schräg einfallendem Licht für eine durchgehend sakrale Stimmung sorgt. Die Aussegnungshallen werden durch den flächigen Marmor mit seinen groben Steineinschlüssen noch zusätzlich akzentuiert. (sb)
Fotos: Simone Bossi, Sebastian van Damme
Zum Thema:
Ein heimliches Vorbild für Aaalst? Bereits 2012 konnten Bayer & Strobel ihre wunderschöne Aussegnungshalle in Ingelheim fertigstellen. Einen expressiveren Ansatz wählte hingegen Carme Pinós für ihr Krematorium nördlich von Barcelona.
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Kommentare:
Kommentare (7) lesen / Meldung kommentieren
Mit ihrem Krematorium in Aalst zelebrieren KAAN Architecten einen Purismus, der hierzulande nur selten eine Chance hat.
Das Gebäude beeindruckt durch die ruhige Monumentalität, die nicht zuletzt durch Materialwahl, Farbigkeit, Lichtführung und Raumhöhe erreicht wurde.
Den Architekten gelang eine intime Atmosphäre, mit der sie die geschäftige Außenwelt für die Zeit des Abschieds vergessen machen.
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