Im 4. Grazer Bezirk Lend stellten kürzlich
Dietger Wissounig Architekten in Zusammenarbeit mit
Architekt DI Reinhold Tinchon (beide Graz) den Umbau und die Erweiterung für das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder fertig, das die gleichnamige barocke katholische Kirche in der historischen Altstadt umgibt. Die Planer*innen entschieden 2014 einen EU-weit ausgeschriebenen, offenen Realisierungswettbewerb für sich. Das Krankenhaus am Standort Marschallgasse gilt seit seiner Errichtung im Jahr 1615 als erstes Spital im modernen Sinn im Grazer Raum. Ein zweites Haus am Eggenberg wurde seit 1864 von der Seelsorgenstelle des Konvents der Barmherzingen Brüder betreut. Nun sollten die beiden Einrichtungen zu einem Haus im innerstädtischen Kontext zusammengeführt, dadurch auch als medizinisches Zentrum neu organisiert und erweitert werden.
Der Neubau schafft 15.200 Quadratmeter Bruttogrundfläche, die Sanierung der Bestandsstrukturen umfasst weitere 5.000 Quadratmeter BGF. Der Entwurf orientiert sich am Motiv eines Klosters mit Garten und macht die vorhandenen Freiräume dadurch auch wiedererlebbar. Es entsteht ein klar definiertes Gesamtkonzept mit Innenhof, Gebäudebestand und Neubauteilen, die sich in die kleinteilige Blockstruktur integrieren. Mit der Maßnahme gingen auch „Abbrüche strukturell und gestalterisch fragwürdiger Elemente“ einher, wie es die Architekt*innen beschreiben.
Neu hinzu kamen drei viergeschossige Baukörper, die in mehreren Bauabschnitten zwischen 2018 und 2021 realisiert wurden. Der Umbau des Operationstraktes erfolgte im Jahr 2022. Basierend auf den Zimmergrößen wurde eine Rasterfassade mit verspringenden, weißen Betonfertigteilen definiert. Das Fassadenrelief nimmt Bezug auf die abwechselnd konkaven und konvexen Flächen der barocken Kirche. Im Gegensatz zu diesem Rhythmus sind die bodentiefen Fensterflächen nicht verdreht, sondern parallel zur Straßenlinie ausgerichtet. Die gesamte Erdgeschossfassade ist verglast und fungiert als transparente Eingangszone, die vor dem Obergeschoss minimal zurückspringt.
Die drei Baukörper fügen sich präzise und kompakt in den Bestand ein. Wo nötig, werden Lücken zu den historischen Gebäuden freigelassen, um Höhenkonflikte zu vermeiden. An anderen Stellen wiederum entsteht ein nahtloser, geometrisch ausgefeilter Übergang zu den benachbarten Häusern. Innenausstattung und Raumqualitäten, wie etwa großzügiger Tageslichteinfall und die Aussicht in die städtische und grünräumliche Umgebung, leisten ihrerseits einen Beitrag zur patientenzentrierten Architektur. „Der Terminus ‚Healing Architecture‘ war ein maßgeblicher Parameter in der Planung“ wie die Architekt*innen erklären.
(iva)Fotos:
Paul Ott,
David Schreyer
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