Zeitgenössische Architektur auf den Philippinen ist oft das Produkt einer Sehnsucht der Bauherren nach europäischer Avantgarde. Repräsentationsbauten werden von internationalen Stars, kommunale Gebäude und Wohnbauten von nationalen Großbüros im „europäischen Stil“ realisiert. Es verharrt eine Marketinglogik, die das Entstehen einer philippinischen Moderne untergräbt. Europäisch scheint avantgardistisch und hochwertig – und ist deshalb gefragt. Es überrascht nicht, dass die Investoren diese Regel verinnerlichen und bei ihren Marketingkampagnen für Wohnprojekte auf den „europäischen Stil“ setzen.
Aber auch die Architekten verpacken diese Sehnsucht in ihrer Projektrhetorik. CAZA (Manila, Brooklyn, Bogotá) beispielsweise beschreiben ihren Vorschlag für ein regionales Krankenhaus mit Klinik für Traumapatienten in Baler, einer 230 Kilometer nördlich der Hauptstadt Manila gelegenen Provinzstadt, als „gleichzeitig pragmatisch und futuristisch“.
Welche Ideen und Vorstellungen werden hier manifest? Man kann nur vermuten, was die Architekten damit meinen. Verweist „futuristisch“ vielleicht auf die Fremdartigkeit des Gebäudes im philippinischen Kontext, in dem kommunale Bauten normalerweise mit immer gleichen Ideen nach etablierten Blaupausen reproduziert werden?
Oder erschöpft sich diese Idee in der skulpturalen Architektursprache: Ein Gebäude, das irgendwie „futuristisch“ wirkt? Die skulpturale Ästhetik gehört zumindest zur Handschrift des internationalen Büros. Die Rationalität und Pragmatik des Grundrisses scheinen die Architekten fast unter einer Maske von sonderbar beschnittenen Hüllen verstecken zu wollen.
Aus dem Baukörper wurden eine Reihe von Volumen und Flächen ausgeschnitten. Laut der Architekten „durchdringt“ die Landschaft so die Einrichtung. Durch die Konzeption von überdachten Zwischenzonen wird die starre Definition von Innen- und Außenraum aufgehoben. Doch die Beziehung zur Natur scheint etwas ambivalent: Das inmitten von unberührter Natur gelegene, quadratische Areal des Krankenhauses ist gegen diese mit einer klaren Linie abgegrenzt.
Im besten Fall meint „futuristisch“ einen zukunftsgewandten, optimistischen Impuls – Zeichen einer neuen Experimentierbereitschaft im kommunalen Bauen. Im schlechtesten Fall ist es eine platte Antwort auf die Sehnsucht nach der Avantgarde. (df)
Zum Thema:
Zum Status quo der Baukultur auf den Philippinen und zur Entwicklung einer neuen, jungen Architekturszene: Baunetzwoche #447: Verschworener Aufbruch auf den Philippinen