Kein Aufschrei der Empörung, keine sich an das Tanztheater von OMA kettenden Architekturstudenten, keine Denkmalschutzdebatte – stattdessen ein lapidarer Satz auf der Webpräsenz der Architekten: „OMA nimmt an dem Architekturwettbewerb teil, bei dem das bestehende Niederländische Tanztheater in Den Haag (welches das Office for Metropolitan Architecture selbst im Jahr 1987 entworfen hatte) durch einen Neubau ersetzt werden soll, der auch das Königliche Konservatorium für Musik beherbergt.“
Für dieses „Kulturforum Spui“ genannte Projekt wurde ein Wettbewerb durchgeführt. Über die in diesem Zusammenhang veröffentlichten 16 Entwürfe wird zur Zeit öffentlich abgestimmt. Seine Einschätzung kann man zu den vier Kriterien „Volumen“, „Höhe“, „Architektur“ und „Passt das nach Den Haag?“ abgeben – mit den drei Noten „gut“, „neutral“ und „schlecht“.
Bei den 16 geladenen Architekturbüros handelt es sich neben vielen Angehörigen der Berufselite des Landes (unter anderem Benthem Crouwel, de Architecten Cie, Joe Coenen, Mecanoo, Neutelings Riedijk, Wiel Arets) auch um internationale Namen wie Zaha Hadid, Diller Scofidio + Renfro, Aedas sowie Cruz y Ortiz.
Aber was ist denn nun eigentlich der Grund für den Abriss? Die Stadt Den Haag möchte sich für das Jahr 2018 als „Europäische Kulturhauptstadt“ bewerben – ironischerweise will sie dafür das Frühwerk eines der wichtigsten Kulturträger ihres Landes abreißen (vor dem vielfach publizierten Tanztheater baute OMA lediglich eine Polizeiwache in Almere und eine Bushaltestelle in Rotterdam).
Sicher, das Gebäude wurde in den achtziger Jahren mit geringen Mitteln errichtet, die städtebauliche Situation ist – auch durch den angrenzenden Anbau „Dr. Anton Philipzaal“ – unbefriedigend, Backstage-Bereich und Zuschauerraum sind in die Jahre gekommen und nicht mehr auf dem neusten Stand der Technik. Dafür ist das architektonische Herz des Gebäudes, der Aufführungssaal, immer noch in sehr guter Form.
Ihn will zumindest OMA (als einziger der Wettbewerbsteilnehmer) für den Neubau erhalten, allerdings soll er um 90° gedreht werden. Denn bei aller – durchaus auch einem wirtschaftlich agierenden Büro wie OMA innewohnender – holländischer Pragmatik: Ein kleines Andenken an den ersten Kulturbau eines der wichtigsten Architekturbüros Europas sollte sich die Stadt schon gönnen. Bei einem Komplettabriss, so wie er jetzt zu befürchten ist, stellt sich doch sonst die Frage: Passt das in eine Europäische Kulturhauptstadt?
(Cordula Vielhauer)
Zum Thema:
zur Abstimmung: http://proinfo.dubinterviewer.com
zur Präsentation aller Entwürfe: www.denhaag.nl
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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toeffer | 30.04.2010 10:57 UhrFrühwerk
Die Tatsache alleine, dass ein Gebäude das Frühwerk eines berühmten Architekten ist, war noch nie ein Kriterium für Denkmalwürdigkeit. Entscheidend sind architektonische und städtebauliche Qualität - und die lassen hier doch deutlich zu wünschen übrig. Ein Zeugnis seiner Zeit, aber nicht mehr. Wie übrigens leider viele Kohlhaas- Werke...