Der Altbau besteht aus Klinker mit Sandsteinbordüren, der Neubau aus Beton, Glas und markant grüner Keramikfassade. Aus dem Altbau ragen wie bei einem Renaissance-Schlösschen vier verspielte Ecktürme hervor, der Neubau hingegen ist ein flacher Pavillon, aus dem sich mittig ein Quader mit abgerundeten Kanten erhebt. Frits van Dongen und Patrick Koschuch wählen für ihre Renovierung und Erweiterung der Arnheimer Konzerthalle Musis Sacrum die Formel des Kontrasts. Mit dem neuen Konzertsaal stellt das Amsterdamer Büro eine eigenständige Architektur neben das Original aus dem späten 19. Jahrhundert. Auch die Zahlen sprechen für die Ebenbürtigkeit der zwei unterschiedlichen Gebäude: Das historische Konzerthaus des Musis Sacrum weist insgesamt 3.870 Quadratmeter Fläche auf, der neue Anbau umfasst ähnliche 3.700.
Um den Neubau lokal zu verankern, lassen van Dongen-Koschuch die unmittelbare Umgebung des Baus in die Architektur einfließen, wie sie es bereits überspitzt in ihrer Interpretation eines Delfter Kachelhauses taten. In Arnheim wird nun der umliegende Musis Park zum formgebenden Parameter ihres Entwurfs: Das Grün der Gartenanlage spiegelt sich in der geriffelten Keramikfassade des neuen Konzertsaals wider, und der gesamte Park wird durch große Verglasungen des Anbaus innen und außen in Szene gesetzt.
Trotz gewollter Eigenständigkeit der beiden Volumen schaffen van Dongen-Koschuch vereinzelte Verbindungen zwischen Altbau und Neubau. Vor allem die aufwändigen Türen oder Fensterläden aus Kupfer verknüpfen an der Fassade und in der Innenarchitektur beide Teile des Konzerthauses miteinander.
Eine Besonderheit ist die verglaste Bühnenhinterwand des neuen Konzertsaals, die klar die sonst grüne Gebäudefront durchschneidet. Einen solchen Schnitt im Saal und an der Fassade setzten bereits OMA prominient in der Casa da Música in Porto ein. Die Glaswand in Arnheim jedoch lässt sich öffnen, und der Konzertsaal kann zu einer Open-Air-Bühne umgewandelt werden.
Im alten wie auch im neuen Saal finden neben klassischen Musikaufführungen Popkonzerte und Showevents statt. Das diverse Programm stellt demnach hohe Ansprüche an die Akustik des neuen Saals, den die Architekten unter Beratung von Peutz (Zoetermeer) hochwertig mit Holz vertäfelten. Die fein aneinander gelegten Holzlamellen entsprechen dann doch der ganz klassischen Ausstattung von Konzertsälen. Gegenbeispiel aus Porto: In der Casa da Música ziert ein goldenes Leopardenmuster die Innenwand. Den OMA-Saal eröffnete gebührend der mittlerweile verstorbene Junky-Musiker Lou Reed, in Arnheim machte im Januar das städtische Het Gelders Orkestra den Auftakt. (sj)
Fotos: Bart van Hoek
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auch ein | 08.02.2018 16:03 Uhrarchitekt
wow!
komplett gelungen! die natur als inszenierter "echter" hintergrund beim konzert.