Das Schweizer Bergdorf Andermatt im Sankt-Gotthard-Massiv war als Teil der Gotthardfestung bis zum Ende des Kalten Krieges ein wichtiger Stützpunkt der Schweizer Armee. Mit deren Rückzug um die Jahrtausendwende geriet die Gemeinde in eine schwere wirtschaftliche Krise – und ist nun seit mehr als zehn Jahren dabei, sich mithilfe von Investitionen des ägyptischen Unternehmers Samih Sawiri als ganzjährige Tourismusdestination neu zu erfinden. Aus dem ehemaligen Militärgelände wird nach und nach das Hotelresort Andermatt Swiss Alps und auch die kulturelle Aufwertung des Ortes ist Teil des Transformationskonzepts.
In diesem Kontext eröffnete am 16. Juni eine hochmoderne Konzerthalle mit einer Darbietung der Berliner Philharmoniker in Andermatt ihre Tore. Entworfen wurde sie vom Londoner Büro Studio Seilern, für das akustische Design zeichnen Kahle Acoustics aus dem belgischen Ixelles verantwortlich und die szenografische Gestaltung kam von dUCKS scéno aus dem französischen Villeurbanne. Das Budget belief sich auf 11 Millionen Schweizer Franken.
Ausgangsbasis für das Gebäude war eine bereits vorhandene unterirdische Betonbox mit einem Nutzvolumen von circa 2.000 Kubikmetern. Diese war ursprünglich als Konferenz- und Veranstaltungszentrum geplant. Die Architekten schlugen vor, einen Teil des existierenden Daches anzuheben, um das akustische Volumen auf 5.340 Kubikmeter zu erhöhen. Der oberirdische Teil der Halle wurde als skulptural geformter Pavillon in Holzoptik ausgeführt, der an drei Seiten von einer umlaufenden Glasfassade geöffnet wird. Hier kragt das Flachdach weit über den Baukörper aus und schafft einen überdachten Außenraum, von dem aus Passanten das Geschehen unten im Auditorium beobachten können. Dieser fasst im Foyer und auf einer dreiseitigen Empore 663 Zuschauersitze sowie eine Bühne, auf der Orchester mit bis zu 75 Musikern Platz finden.
Der komplett mit Holz ausgekleidete Saal wirkt durch seine Höhe von 12 Metern und das großzügige Oberlicht luftig und leicht. Er wird durch origamiartige Faltungen charakterisiert, die einer gut ausbalancierten Akustik dienen. Bei der Raumgestaltung legten die Architekten Wert auf Flexibilität: Neun stufenförmige Sitzreihen im Foyer lassen sich mithilfe eines Schiebesystems unter dem Hauptbalkon verbergen, sodass Platzkapazität und Settings verschiedenen Nutzungen angepasst werden können. (da)
Fotos: Roland Halbe
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lollo | 25.06.2019 17:10 UhrSpeicher
Sehr schön - auch der Materialmix im Inneren - nur das Dach hätte ich mir leichter und filigraner gewünscht...
Ist wohl den alpinen Schneelasten geschuldet!?