Es ist beeindruckend, wenn nicht sogar kühn: MAD Architects planen eine neue Konzerthalle für das China Philharmonic Orchestra in Peking und es soll einer Lotusblüte gleichen. Eine klischeebesetzte Wasserblume und ihre nicht nur abstrakte Andeutung, sondern überdimensionierte Nachahmung als Gebäude, kann man hierzulande als Kitsch verstehen. Doch das ist wohl ein westliches Unverständnis: Ma Yansong, Gründer von MAD Architects und Projektleiter der neuen Konzerthalle, sieht den Entwurf tief in der östlichen Philosophie verwurzelt. Er will mit dem zukünftigen Bau eine architektonische Formel aufzeigen, die inmitten einer verschmutzten Megastadt zwischen Mensch, Natur und Musik vermitteln kann.
MAD mit Büros in Los Angeles und New York hat nun die Pläne veröffentlicht. Nahe dem Worker’s Stadium wird der sanfte Bau mit seiner wallenden, transparenten Fassade entstehen. Das Programm der Konzerthalle ist ambitioniert. Das darf es auch sein: Eines der besten Symphonieorchster der Welt wird darin seine neue, feste Spielstätte haben. Auf 26.587 Quadratmetern Fläche sollen bis 2019 einer großer Saal mit 1600 Sitzen, ein kleinerer Saal mit 400 Sitzen, ein Aufnahmestudio, eine Bibliothek, eine Galerie für Ausstellungen, Büros und Übungskammern für die Musiker eingerichtet werden. Für eine gute Akustik soll sich Yasuhisa Toyota einsetzen, der bereits renommierte Konzertsäle wie die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles oder die Philharmonie de Paris mitentwickelte.
Und Ma Yansongs Vermittlung zwischen Mensch und Natur? Das Gebäude soll einmal von einem Lotus-Teich und üppigem Grün umgeben sein. Die lichtdurchlässige Fassade soll aus dieser Landschaft „wie ein Stück Jade“ auftauchen, so Ma Yansong. Natürliches Licht wird durch die fensterlosen Wände des Baus in die Lobby und die umliegenden Säle scheinen. Der große Konzertsaal ist die Nachbildung eines verwunschenen Gartens: Die Sitzreihen sollen wie die Reben auf einem Weinberg auf hölzernen Terrassen angeordnet werden. Diese organisch geformten Plattformen umgeben die Bühne. Die Decke des Hauptsaals ist schließlich das Highlight: Weiße, lichtdurchlässige Schalen werden die Blütenblätter einer Lotusblume formen. Den Zuschauern soll schließlich das Gefühl gegeben werden, im Herzen der Blüte zu sitzen. Dazu Ma Yansong: „Wir wollten eine pure und heilige Oase schaffen“. (sj)
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Criftler | 20.10.2016 17:59 UhrDie guten Geister von Scharoun
Ich finde, wenn man Sanlitun und das Gebiet um das Stadion gut kennt, ist die Standortwahl keineswegs schlecht oder von den besagten guten Geistern verlassen.
Sanlitun ist immer noch DER Stadtteil in Beijing und freie Flächen sind abgesehen vom Mai Zi Dian und dem Beijing Workers' Sports Complex dort rar. Ein solches Gebäude an den Stadtrand zu bauen oder dafür - wie es bisher war - irgendwo in Dongcheng ein Stück Hutong abzureisen, wäre auch schlecht.
Von daher sollte man sich auch mal großräumiger mit den Gegebenheiten vor Ort auseinander setzen, bevor man die Geister vertreibt.
Hans Scharoun wird nie alt...