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02.08.2023

Buchtipp: African Water Cities

Konzepte für eine Welt im Klimawandel


Afrika lief lange Zeit weit unter dem Radar europäischer Architekturbetrachtung. Glücklicherweise ändert sich das. Lesley Lokko brachte die mehr als überfällige afrikanische Perspektive auf die diesjährige Architektur-Biennale nach Venedig. Ein zweites großes Thema auf der Ausstellung war Wasser, das in einem knappen Dutzend Länderpavillons diskutiert wurde.

Nun ist ein Buch erschienen, das bereits im knappen Titel die beiden Themenkomplexe zusammenbringt. African Water Cities zeigt auf beeindruckende Weise, dass in vielen afrikanischen Städten Wasser seit jeher eine zentrale Rolle spielt – und zwar nicht im Sinne von Wassermangel, sondern als städtebaulicher Faktor. Im Zeichen des Klimawandels umso mehr.

African Water Cities von Kunlé Adeyemi ist Teil eines größer angelegten Forschungsprojekts, das der nigerianische Architekt mit seinem Büro NLÉ (Amsterdam/Lagos) bereits seit 2011 betreibt. Die Publikation bietet nun einen umfassenden Blick auf afrikanische Städte an der Küste, an Seen, Flüssen oder Lagunen. Dabei stellt sie deren städtebauliche Besonderheiten und wichtige Entwicklungsfaktoren in Bezug auf den Umgang mit Wasser dar.

Beeindruckend sind nicht zuletzt die großformatigen Fotografien urbaner Agglomerationen am Wasser, von denen die allermeisten in der Vogelperspektive präsentiert werden. Man bekommt die riesigen Ansammlungen der Stelzenhäuser Makokos in Lagos zu sehen, ebenso wie die dichten Hochhausviertel an der Küste. Neben Luftaufnahmen derartiger Stadtstrukturen werden aber auch Menschen in alltäglichen Situationen am und im Wasser gezeigt.

Abseits dieser fotografischen Dokumentationen bieten die Grafiken, mit denen die Entwicklungsfaktoren der afrikanischen Städte analysiert werden, den größten Informationsgehalt. Schnell lassen sich darin Muster sozioökonomischer, infrastruktureller und umwelttechnischer Bedingungen erkennen – allerdings bezogen auf den Maßstab des gesamten Kontinents. Man hätte sich an der Stelle vielleicht gewünscht, im daran anschließenden Abschnitt konkreter zu werden. Denn dort wird ein Ranking der aus dieser Analyse resultierenden „Top 20 African Water Cities“ dargeboten. Jede der 20 Städte ist auf einer Doppelseite mit einigen Zahlen und Fakten sowie einem Einführungstext unter Zuhilfenahme von ChatGPT dargestellt.

Ein wenig oberflächlich zeigt sich auch der letzte Abschnitt der Publikation, der Maßnahmen im Umgang mit Wasser aufzeigt. Darunter finden sich schwimmende Strukturen, verschiedene Dämme, Deiche und Barrieren gegen Hochwasser, Drainage-Systeme oder auch eine hybride Wasser-Solaranlage.

Die zentralen Botschaften des Buches sind eindeutig: Der afrikanische Kontinent ist die am stärksten vom Klimawandel betroffene Region der Welt und wird im 21. Jahrhundert auch das größte Bevölkerungswachstum verzeichnen. Für die Städte am Wasser hat das gravierende Folgen. Der Meeresspiegel steigt, Hochwasser- und Starkregenentwicklungen nehmen zu, und laut Publikation könnte Lagos beispielsweise im Jahre 2100 versunken sein. Gleichzeitig geht die Urbanisierung in Afrika rasant voran. Eben diese bedrohten Städte am Wasser müssen mit immer mehr Zuwanderung umgehen, bereits prekäre Wohnverhältnisse werden so noch akuter.

Dennoch zeichnen Adeyemi und sein Team auch eine hoffnungsvolle und inspirierende Perspektive auf. Afrikanische Orte und Gemeinschaften seien es immer schon gewohnt gewesen, sich dem Wasser anzupassen. Daraus könnten auch in Zukunft innovative Konzepte für den Städtebau und die Architektur hervorgehen. Aus Sicht Adeyemis, der vor der Gründung von NLÉ 2010 bei OMA als Projektleiter tätig war, gehört dazu sicher auch seine Makoko Floating School. Die fotogene, schwimmende Holzstruktur wurde mittlerweile in sechs Ländern eingesetzt, unter anderem sehr prominent auf der Architekturbiennale 2016 in Venedig oder der Triennale 2018 in Brügge.

Text: Maximilian Hinz

African Water Cities
Kunlé Adeyemi
272 Seiten
Englisch
nai010 publishers, Rotterdam 2023
ISBN 978-94-6208-776-7
35 Euro


Zum Thema:

In unserem Themenpaket haben wir 18 Projekte außerhalb Afrikas versammelt, die ebenso gestalterische Lösungen im Umgang mit Wasser gefunden haben.

Einen umfassenden Blick auf die Architektur in Subsahara-Afrika bietet der siebenbändige Architekturführer von DOM publishers.


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Makoko in Lagos, Nigeria

Makoko in Lagos, Nigeria

Makoko Floating School von NLÉ

Makoko Floating School von NLÉ

Lagos, Nigeria

Lagos, Nigeria

Kairo, Ägypten

Kairo, Ägypten

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