Ein großes Fragezeichen ziert das Titelblatt der Eigenpublikation, die der Rat für Formgebung anlässlich der Vorstellung seines „Deutschen Design-Museums“ in Berlin gestern lanciert hat. Und so bleiben auch nach der Präsentation des Konzepts, das sich auf „Design als Wirtschafts- und Kulturfaktor“ gründet und „Diskursplattform für aktuelle Tendenzen“ sein will, mehr Fragen im Raum stehen als Antworten.
Die drei Referenten, Andrej Kupetz (erster Geschäftsführer, Rat für Formgebung), Lutz Dietzold (zweiter Geschäftsführer, Rat für Formgebung) und Volker Albus (Kurator ifa, Professor für Produktdesign an der HfG Karlsruhe), die ins ehemalige ungarische Kulturinstitut HBC in Berlin geladen hatten, standen den kritischen Zuhörern zwar Rede und Antwort, doch betrachten sie es gerade als Teil des Formfindungsprozesses, derzeit noch nicht genau zu wissen, was das Deutsche Design-Museum denn nun ist. Fest steht: Einen Architekten oder gar ein konkretes Gebäude hat man noch nicht im Visier.
Doch ein paar Fakten wurden schon geschaffen: So gab es im Juli dieses Jahres einen Runden Tisch mit namhaften Vertretern der Designszene, deren Statements in der Fragezeichen-Zeitung abgedruckt sind. Und seit dem 12. September 2011 gibt es eine eingetragene „Stiftung Deutsches Designmuseum“, die rechtsfähig ist und ihren Sitz in Berlin hat. Ihrem Vorstand gehören die beiden Geschäftsführer des Rats für Formgebung an, unterstützt wird er von einem Stiftungsrat aus vier Persönlichkeiten des öffentlichen und geschäftlichen Lebens in Frankfurt am Main. Die auf den Stiftungssitz bezogene Frage, warum im Stiftungsrat kein einziger Berliner vertreten sei, beantwortete das Podium mit dem Verweis auf die bessere Vernetzung des Rats für Formgebung mit der Stadt Frankfurt und ihrer Wirtschaft sowie deren Bedeutung für die finanzielle Tragfähigkeit des Projekts. Berlin stehe als Stiftungssitz dagegen für den kulturellen Anspruch der Institution.
Bereits hier wurde deutlich, dass sich das Deutsche Design-Museum bewusst in einem komplexen Spannungsfeld inhaltlicher und organisatorischer Gegensätze konstituieren will. So bezog sich Volker Albus explizit auf einen erweiterten Designbegriff, der nicht nur das einzelne Handelsprodukt, sondern ebenso die „choreografierte Protestbewegung“ mit ihren gestalteten Symbolen umfasst (Stuttgart 21), die ganz konkret als Zeichen eingesetzt werden. Zudem sollen aktuelle Tendenzen im Design – wie die Digitalisierung, die serielle Individualisierung oder auch das Open Design – berücksichtigt werden. Um auf soziokulturelle oder auch technische Entwicklungen zeitnah reagieren zu können, seien die existierenden, regional gebundenen Museen jedoch nicht in der Lage, eine bundesweite „Plattform“ schon eher. Auf die prompte Frage, warum man sich dann „Museum“ nenne, verwies der Rat für Formgebung auf Marketingaspekte, da der Begriff „Museum“ für eine anerkannte Institution, fundierte Forschung und nicht zuletzt Entschleunigung stehe.
Schließlich berge das Selbstverständnis des Designers selbst den Widerspruch zwischen Kommerzialisierung und sozialer Relevanz: Als Dienstleister, der glaubt, die Welt verbessern zu können, wo es heute letztlich um Produktdifferenzierung beziehungsweise Ästhetisierung eines Produkts für neue Zielgruppen gehe. Und auch der Widerspruch, Design einerseits als „demokratisches Medium“, andererseits als „Mittel des Distinktionsgewinns“ (Bourdieu) zu verstehen, wird hingenommen. Das „Deutsch“ im Namen „Deutsches Design-Museum“ beziehe sich übrigens nicht darauf, dass man nur deutsche Produkte zeigen wolle, sondern auf Deutschland als Raum der Diskussion. Und die sei seit gestern eröffnet auf der Website des Projekts: www.deutschesdesignmuseum.de
(Cordula Vielhauer)
Zum Thema:
Rat für Formgebung: www.german-design-council.de
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