Die westfälische Beamten- und Universitätsstadt Münster war in den letzten Jahrzehnten auch immer Militärstadt. Erst jetzt ziehen die letzten alliierten Streitkräfte ab; sie hinterlassen ehemalige Wehrmachtskasernen mit angelsächsischen Namen: York- und Oxford-Kaserne. Beide Anlagen sollen einer zivilen (Wohn-)Nutzung zugeführt werden, dabei sollen denkmalgeschützte Bauten aus den dreißiger Jahren einbezogen werden. Für die York-Kaserne war im Mai ein Wettbewerb entschieden worden, für die Oxford-Barracks gibt es jetzt eine Entscheidung in einem städtebaulichen Gutachterverfahren – mit einem ersten und fünf (!) dritten Preisen:
- Erster Preis: Kéré Architecture (Berlin) mit bbz Landschaftsarchitekten (Berlin) und Schultz-Granberg Städtebau + Architektur (Berlin)
- Dritter Preis: 03 Architekten (München) mit realgrün Landschaftsarchitekten (München)
- Dritter Preis: Ammann Albers StadtWerke (Zürich)
- Dritter Preis: Fritzen + Müller-Giebeler (Ahlen) mit KuiperCompagnons und Officeban (Rotterdam)
- Dritter Preis: reicher haase asssociierte (Aachen) mit Club L94 Landschaftsarchitekten (Köln)
- Dritter Preis: Thomas Schüler Architekten (Düsseldorf) mit faktorgrün (Freiburg)
Dem Gutachterverfahren mit sechs Büros („Mehrfachbeauftragung“) war ein Workshop zur Leitbildentwicklung unter Beteiligung der Bürger vorangegangen. Bei einer Begehung im Mai war auf dem bislang unzugänglichen Gelände „ein nahezu original erhaltener Gebäudebestand aus den 30er Jahren, viele alte Bäume, markante Terrassen und ein großer Exerzierplatz“ vorgefunden worden.
Laut Jurymeinung soll der erstplatzierte Entwurf Grundlage für die weiteren Planungsschritte werden. Das Team von Francis Kéré, das auch
in Mannheim einen Konversions-Wettbewerb gewonnen hat, schreibt zu seinem Entwurf für Münster: „Wertvolle Bausubstanz, gestaffelte Kubaturen, weitläufige Freiräume, die Sandsteinmauer, Sockel und Terrassen, stattliche Bäume, sorgfältig verlegtes Basaltpflaster – die Oxford-Kaserne braucht keinen Neustart, sondern den Blick für die Potentiale der Struktur, deren Weiterentwicklung und Aneignung als charaktervolles Wohnquartier: Weiterbauen, Adaptieren, Entsiegeln, Ergänzen und neu Bauen würdigen alte und bilden neue Zeitschichten einer flexiblen und nachhaltigen Struktur. Die Umsetzung ist dosierbar und in Etappen möglich.“
Die Jury beurteilte den ersten Preis so: „Der Entwurf öffnet die Kaserne zum nördlich angrenzenden Landschaftsraum und vernetzt das neue Quartier in überzeugender Weise nach Westen wie nach Osten mit der Siedlungsstruktur Gievenbecks. Die Abgeschlossenheit des Areals wird aufgelöst.
Die Kaserne bleibt in ihrer historischen Anlage erkennbar. Dies ist nicht zuletzt dem konsequenten Erhalt prägender architektonischer und städtebaulicher Elemente wie den Bestandsbauten zu verdanken. Sie werden zum Teil funktional neu interpretiert oder zu neuen Konfigurationen zusammengefügt und brechen so die Strenge und hierarchische Ordnung der Kasernenanlage. Es entstehen sorgfältig differenzierte Teilräume, maßstäbliche Wohn- und Arbeitshöfe und eine klare Quartiersmitte. Der Entwurf zeigt darüber hinaus viele, durchaus sympathische Ideen.“
Eine öffentliche Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse ist geplant vom 25. August bis 5. September im La Vie – Treffpunkt in Gievenbeck, Dieckmannstraße 127, 48161 Münster.
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