Es ist ein Ort, der geprägt ist von Technologiebauten, naturwissenschaftlichen Universitätscampussen und einem Wohngebiet aus Einfamilienhäusern. Zu finden ist dieses Potpourri in der Pariser Vorstadt Orsay, in der Region Île-de-France. Nun werden in der geschäftigen Kulisse abermals neue Töne angeschlagen, denn mittendrin steht seit diesem Frühjahr die staatliche Musik-, Tanz- und Theaterschule in strahlend weißem Kleid, ein musischer Leuchtturm in einer Welt der Technologie. Dieser Kontrast regte die Architekten von Atelier Novembre (Paris) zu so viel Fantasie an, dass sie mit dem Einsatz lotrechter Fassadenlamellen gar Klaviertasten, einen Bühnenvorhang oder Harfensaiten zitiert sehen wollen. Tatsächlich wirkt ihr Gebäude – in der locker bebauten Umgebung, direkt angrenzend an einen Botanischen Garten mit Fluss – als stünde es selbst auf der Bühne.
Um die 2.800 Quadratmeter Fläche – die unter anderem den Empfangsbereich, Tanz- und Probenräume, akustische Labore, Klassenzimmer für Theorieunterricht und ein Auditorium beherbergen – nicht in eine kolossal wirkende Kiste zu verpacken, gliederten die Architekten das Volumen in vier Blöcke mit unterschiedlichen Höhen, was nicht zuletzt die unterschiedlichen Nutzungsanforderungen widerspiegelt. Im Sockelbereich zeigt sich das Gebäude fast durchgängig luftig verglast und signalisiert damit die offene Haltung der Einrichtung. Lediglich gen Süden, wo Verkehr und Industrie Luft- und Lärmverschmutzung verursachen, zeigt sich die Fassade geschlossener.
Man betritt den Komplex im Osten durch eine schräg zurückspringende Glasfront und steht im lichtdurchfluteten Empfangsbereich, über dem ein Galeriegeschoss thront. Darüber wiederum sind in zwei weiteren Geschossen kleinere Raumeinheiten zu finden, in denen im Individualunterricht die Tonleitern auf und ab ertönen. Auch die Verwaltung sitzt hier. Ein heller, quer durch das Gebäude verlaufender Gang im ersten Obergeschoss gewährt einen Blick auf die Pforte des dreigeschossigen westlichen Blocks, in dem sich die Tanzsäle befinden. Auf dem Weg dorthin passiert man zunächst rechterhand den Baustein, in dem Gruppenübungen für Theater oder sonstige Performances einstudiert werden und linkerhand das große Auditorium, das Herzstück der Anlage, das Platz für 300 Besucher bietet. Rechts öffnet sich dann der Blick auf den geschützten Hof des Konservatoriums, den die Architekten als „Inneren Garten“ bezeichnen. Als ruhiger Pausenort oder Freilichtbühne für kleine Konzerte oder Choreografien gedacht, lädt er auch Spaziergänger zum Verweilen ein.
Text: Elisabeth Haentjes
Fotos: Takuji Shimmura
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