2012 lobte die Stadt Nantes einen Wettbewerb aus, der die Zusammenführung des städtischen Konservatoriums mit der Schauspielschule der Regionen Bretagne und Pays de la Loire vorsah: eine Entscheidung für ein transdisziplinäres künstlerisches Ausbildungszentrum, welches die Bedeutung von Nantes als Kulturstandort stärken soll. Die Architekten von RAUM (Nantes) gewannen in Kooperation mit dem Architekturkollektiv L’Escaut (Brüssel) und konnten nun den Neubau fertigstellen.
Sie entwickelten einen kompakten, quaderförmigen Baukörper, der durch einige sorgfältig detaillierte Eingriffe das Programm des Gebäudes in die Nachbarschaft kommuniziert. Im Kontrast zu den Bestandsbauten der 70-80er Jahre mit ihren verspiegelten Fenstern oder monolithischen Sockelgeschossen im unmittelbaren Kontext des Neubaus, intendieren die Architekten mit ihrem Entwurf visuelle Beziehungen zwischen den probenden Künstlern und den Passanten im Stadtraum. Ein Tanz im Stadtraum.
Das Erdgeschoss ist als eine offene Probenhalle konzipiert, deren transparente Hülle das Spektakel der Tänzer, Musiker und Schauspieler von außen nicht nur visuell erfahrbar macht, sondern auch akustisch und haptisch, wenn man denn will. Die Schwelle zwischen Probenhalle und Außenraum lässt sich nämlich durch verschiebbare Fassadenelemente aufheben. Wie sich das mit einer praktikablen Nutzung verträgt und wie oft diese letztendlich geöffnet werden, sei dahingestellt. Die Idee, mit welcher laut den Architekten zeitgenössische Musik- und Tanzpraxis besser als mit den Vorgängerbauten reflektiert wird, evoziert allemal interessante Bilder.
Auch innerhalb des Gebäudes sind diese visuellen und räumlichen Verschränkungen ein Thema. Sie werden auf die Beziehung zwischen den verschiedenen Disziplinen übertragen, und versinnbildlichen die Idee einer transdisziplinären Lehre. Vom Tanzsaal sieht man jemanden Violine üben. Die rohe Materialität und karge Einrichtung generieren einen neutralen Rahmen, der offen scheint für eine individuelle Aneignung durch die verschiedenen Künstler. Feste Nutzungszuweisungen werden vermieden. (df)
Fotos: Audrey Cerdan; Zeichnungen: RAUM, L'Escaut
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