Im Pariser Vorort Vanves, so heißt es, waren die Bewohner nicht so erfreut, als sie von den Plänen der Stadtverwaltung erfuhren, dass in ihrem Wohnviertel ein neues Konservatorium samt Konzertsaal entstehen soll. Daher setzten die Architekten Jean François Renaud und Éric Babin komplett auf eine Strategie, die in einem ganz anderen Zusammenhang mal als „appeasement“ – zu Französisch „apaisement“ – bekannt wurde. „Beschwichtigung“ wäre die deutsche Übersetzung. Und als eine genau solche Besänftigung in den Querelen um das kulturpolitische Bestreben einer Stadtverwaltung und dem Ruhebedürfnis der Bewohner fungiert schließlich auch der Bau des Pariser Architektenduos.
Renaud und Babin haben ein sanftes Gebäude in das Städtchen gesetzt. Mit nur zwei Obergeschossen, die umgebende Traufhöhe einhaltend, ragt es als Quader sichtbar in der Wohngegend hervor, macht sich allerdings nicht übertrieben wichtig. Changierend setzten die Architekten Glasflächen, Aluminumpaneele oder Alumiumgitter auf die Fassade und entwickelten eine kühle, aber diskrete Farbvariation, die dem Bau schließlich den Namen „Eisberg“ zuspielte.
Ein Blick auf den Grundriss zeigt, dass das Konservatorium nur vordergründig so einfach und zurückhaltend ist. Eigentlich legten die Architekten den Grundriss auf Basis eines Parallelogramms an, das sich teilweise schon auf dem mit Granit gepflasterten Vorplatz und seinen Zuwegen abzeichnet. Es sind schließlich die zwei Geschosse im Souterrain, die auf dieser geometrischen Figur fußen. Zum einen konnten Renaud und Babin so das spitz zulaufende Grundstück effizient ausnutzen, zum anderen platzierten sie auf diese Weise einen multifunktionalen Bühnensaal von größtmöglichen Maßen im Untergrund.
Im ersten Souteraingeschoss liegt darum auch der Haupteingang des Baus, der über eine - erneut mit Granit ausgestattete – Rampe vom Vorplatz aus erschlossen wird. In den oberen Stockwerken breitet sich schließlich das klassische Raumprogramm eines Konservatoriums aus: Musikräume, Ballettsaal, Studienzimmer. Einige verspielte Details der Innenausstattung setzten dabei das Motiv des Eisbergs fort. Beim Blick auf so viel feines Kulturprogramm, das nicht zuletzt auch ihren Kindern zu gute kommt, dürften die Anwohner hoffentlich doch recht bald „appeased“ sein. (sj)
Fotos: Cécile Septet
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