Köln braucht Wohnungen. 6.000 sollen jedes Jahr gebaut, 1.000 mit einer Mietpreis- und Belegungsbindung gefördert werden, so sieht es das Stadtentwicklungskonzept Wohnen von 2014 vor. Maßgeblich dafür sind die innerstädtischen bzw. innenstadtnahen Großprojekte. Doch genau die brauchen Zeit. Oft vergehen Monate und Jahre, in denen selbst aufmerksame Beobachter den Faden verlieren. Uta Winterhager kommentiert den Stand der Dinge.
Von Uta Winterhager
Wie gut, dass dann und wann eine Pressemitteilung verkündet, eine politische Hürde sei überwunden worden. So beschloss der Rat der Stadt Köln am 27. September den „Integrierten Plan zur Städtebaulichen Entwicklung des Deutzer Hafens“ als städtebauliches Konzept. Damit ist die Verwaltung der Stadt Köln beauftragt, in Kooperation mit der Entwicklungsgesellschaft moderne stadt die notwendigen Bauleitplanverfahren in die Wege zu leiten. Viele Kölner warten ungeduldig auf die neuen Wohnungen, doch sämtliche Planungen orientieren sich an dem für Anfang 2021 vorgesehenen Beginn der Erschließungsmaßnahmen. Der integrierte Plan, eine Spielart des Städtebaulichen Rahmenplans, besteht aus einem Gesamtplan im Maßstab 1:1000 und einem Handbuch, das alle Planungen zusammenfasst und somit als Leitfaden für die Entwicklung des Quartiers mit den beiden markanten Mühlen dienen soll.
Deutzer Hafen
Der integrierte Plan basiert auf dem städtebaulichen Entwurf, mit dem das dänisch/deutsche Architekturbüro COBE 2016 im kooperativen Verfahren überzeugte. Die Entwicklungsgesellschaft moderne stadt hat den Entwurf mit den städtischen Ämtern, den Architekten und Fachgutachtern zu verschiedenen Themen (Verkehr, Lärmimmissionen, Hochwassermanagement, Höhenentwicklung, Besonnung und Freiraumplanung) kontinuierlich weiterentwickelt. Interessierte Bürger bekamen auf fünf öffentlichen Veranstaltungen die Gelegenheit, ihre Anliegen einzubringen. Und sie wurden gehört, insbesondere ein Satz blieb hängen: „Das Ideal des Deutzers ist Deutz“.
Wenn also die Stadt auf den 37,7 Hektar Fläche mit rund 3.000 Wohnungen und 6.000 Arbeitsplätzen rund um das Hafenbecken erfolgreich fortgeschrieben werden soll, darf das Neue nicht Neues, sondern nur eine zeitgemäße Spielart des Alten sein. Mit dem integrierten Plan wurden die Baufelder dementsprechend als „Deutzer Block“ definiert: ihre gemischte Nutzung (Wohnen und Gewerbe) soll sich wie die verschiedenen Akteure (frei finanzierter, geförderter, genossenschaftlicher Wohnungsbau und Baugruppen) in vielfältigen Typologien, Höhen- und Fassadenvariationen der offenen Blockrandbebauung widerspiegeln. Das Handbuch dazu formuliert gestalterische, konzeptionelle und funktionale Grundregeln, die auch für die kommenden, baufeldweise auszulobenden Qualifizierungsverfahren bindend sein werden. Ob sich das Ideal einer gewachsenen urbanen Vielfalt am Reißbrett imitieren lässt, wird die Beteiligung an der Vergabe zeigen. Sind die Akteure überhaupt bereit, gemeinsam aufzutreten? Und wie werden sie sich organisieren? Hier wird große Gesprächsbereitschaft vorausgesetzt. Das ist idealistisch, weil die Entwickler ihre Komfortzone verlassen müssen, aber im Maßstab dieser Planung als Forderung durchaus angemessen.
Parkstadt Süd
Nur einen Sprung über den Rhein entfernt liegt die Parkstadt Süd, mit 115 Hektar europaweit das größte innerstädtische Erweiterungsgebiet. 3.338 Wohnungen dazu 4.500 Arbeitsplätze und großflächige Grünanlagen soll es hier einmal geben. Seit dem Frühjahr liegt die von O&O Baukunst (Köln) erstellte integrierte Planung vor, politisch ist sie jedoch noch nicht durchgesetzt. Es ist ein Mammutprojekt, das schon durch seine Lage viele unmittelbar betrifft. Das aufwendige Beteiligungsverfahren 2015 führte zur Planung von fünf Quartieren (Parkstadt, Marktstadt, Entree, Bildungslandschaft und Grüngürtel) mit unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten. Im nächsten Jahr könnten ein Pionierpark und ein Pionierweg eröffnet werden, auch Testentwürfe für einzelne Blöcke liegen vor. Nur fehlt es hier an einem Verantwortlichen auf Auftraggeberseite. Wer steht in der Pflicht – „die Stadt“? Es ist schwierig, denn in den Ämtern fehlen Köpfe und Kräfte, gebraucht würde ein Konsortium, eine Entwicklungsgesellschaft, die im Auftrag und im Sinne der Stadt eigenständig handeln kann, bevor Gras über die Planungen gewachsen ist.
Mülheim Süd mit Hafen
Anders stellt sich die Situation im Bereich Mülheim Süd mit Hafen dar. Auch dies ist eine innenstadtnahe Konversionsfläche, deren Masterplan auf einem 2014 durchgeführten Werkstattverfahren beruht. Das 70 Hektar große Gelände ist Eigentum verschiedener Entwickler, was die Beobachtung deutlich erschwert. Bis 2020 sollen auf dem 7 Hektar großen Areal Cologneo I knapp 500 Wohnungen sowie in Alt- und Neubauten rund 60.000 m² Gewerbefläche entstehen. Cologneo II, gut halb so groß, soll nachfolgen, während es um die anderen Standorte sehr still geworden ist.
Gänzlich unerwartet präsentierte das Erzbistum Köln Anfang September eine interessante Zahl: gemeinsam mit der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft wird die Kirche an elf Standorten im Stadtgebiet allein durch Nachverdichtung 632 neue Wohnungen bauen. Zufall oder Bestimmung, die Zahl 632 steht dabei symbolisch für die Bauzeit des Kölner Doms von 1248 bis 1880. Sie zeigt aber auch, welch großes Potential im Bestand liegt und wie wichtig es ist, die Last der großen Wohnbaufrage auf die Schultern vieler Akteure zu verteilen.
Franz-Josef Höing, der seinen Posten als Kölner Baudezernent im Herbst 2017 verlassen hat, wurde nicht müde, an vereinbarte Zahlen zu erinnern und mehr zu fordern. Sein Amtsnachfolger Markus Greitemann ist deutlich zurückhaltender. Welche Ansätze laufender Projekte erfolgreich sind, wird er bald erkennen, doch es muss weiter gehen. Deshalb braucht die Stadt wieder eine Stimme, die daran erinnert, dass es lange noch nicht genug ist. Bitte, Herr Greitemann, werden Sie laut!
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Karl Jankowski | 04.10.2018 17:04 UhrStadtentwicklung Köln
vielen Dank für Ihre Analyse Frau Winterhager. Heute, am 4. Oktober veröffentlicht der Kölner stadt-Anzeiger die Ergebnisse einer Umfrage unter der Leserschaft. Und dort wird an 1. Stelle das Problem Wohnungsbau genannt. An 2. Stelle der politische Klüngel, der seit Jahrzehnten die Stadtentwicklung paralysiert und 3. die ineffiziente (von eben diesem Klüngel durchsetzte) Stadtverwaltung benannt (www.ksta.de/wo hakt´s in der Stadt)
Da führt die OB Frau Reker einen nahezu aussichtslosen Kampf gegen diese Strukturen. Herr Höing hat es vorgezogen seine Kraft nicht in endlosen Grabenkämpfen zu vergeuden sondern dort einzusetzen wo er Unterstützung findet, Stadtentwicklung ernst genommen wird.
Ob sein Nachfolger, eher ein Praktiker, die notwendgen Visionen und Strategien für weitreichende Stadtentwicklungskonzepte zu erwarten sind oder zumindest die unbedingt notwendige Standhaftigkeit und Durchsetzungskraft um die angestoßenen Projekte entscheidend voranzubringen, muß er noch zeigen. Das lange Stillschweigen lässt bisher jedoch nichts gutes erwarten.... Ich denke, er wäre gut beraten, im Sinne eines Aufbruchs, Unterstützung in der Stadtgesellschaft, bei den engagierten Planern in der Stadt, beim BDA und dem Deutschen Werkbund und anderen zu suchen, diese in Disskussions- und Arbeitsgremien zu organisieren und um sich zu scharen. Das dafür eine große bereitschaft vorhanden ist zeigen die bisherigen Foren zur Entwicklung des Deutzer Hafens.