Wer das Kochstudio T. Taller de cocina in Sevillas Altstadt besucht, steht zunächst vor einer unscheinbaren Tür in der Calle Boteros. Lediglich das nicht ganz alltägliche Klingelschild deutet an, dass hinter den massiven alten Mauern eine moderne Werkstatt liegt, in der die Kunst des Kochens zelebriert wird. Beim Eintreten ist die Überraschung umso größer: Der vom ebenfalls im Viertel ansässigen Büro Sol89 konzipierte Innenausbau des historischen Gebäudes fasziniert nicht nur durch seine skulpturale Qualität und warme Atmosphäre, er inszeniert das Kochen und anschließende Verspeisen auch als zeremonielle Versammlung um einen runden Tisch.
Das außergewöhnliche Setting in Form eines Raums im Raum, das Architektin María González und Architekt Juanjo López de la Cruz im Auftrag der Betreiber des Restaurants ConTenedor entworfen haben, lässt das 59 Quadratmeter große Erdgeschoss mit viereckiger Grundfläche zur Rotunde werden. Ihren Mittelpunkt bildet eine gusseiserne Säule, die sich bereits im Bestand befand und Sol89 als geometrischer Ausgangspunkt für einen Einbau aus Eschenholz diente. Innerhalb dieser schützenden Hülle, die alles Störende und Nebensächliche ausblendet, finden nun verschiedene Rituale des Kochens und Essens statt: Kurse, Dinner, Wein- und Olivenölverkostungen.
Tageslicht fällt lediglich sporadisch durch zwei Fassadenöffnungen und einen Hinterhofzugang ein, was die geheimnisvolle Atmosphäre noch verstärkt. Sämtliche dienenden Räume sind zunächst den Blicken entzogen – sie befinden sich in den Ecken und auf Restflächen hinter dem Holzeinbau. Beim Betrachten der Bilder kaum zu glauben, aber hier haben die Architekten noch eine ganze Reihe an Funktionen untergebracht: einen Empfang, ein Büro, ein Lager und natürlich Toiletten.
Das zentrale „Heiligtum“ dieses runden Kochtempels ist zweifelsohne der Tisch, gekrönt von einer aureolenartigen Lampe. Er entstand in Zusammenarbeit mit den Möbeltischlern und -designern Ignacio Sánchez Martín and Nicholas Chandler. Variabel in der Höhe, besteht er aus verschiedenen Hölzern, unter anderem von Oliven- und Orangenbäumen, Robinien sowie Zypressen. Es handelt sich um Fallholz und Reste vom jährlichen Baumschnitt, gefunden in den Straßen Sevillas und zu einem linearen Muster zusammengesetzt. (da)
Fotos: Fernando Alda
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