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07.12.2021
Die Baupläne der Ampel
Klara Geywitz als Ministerin für Bauen und Wohnen nominiert
Morgen wird die neue deutsche Regierung ins Amt eingeführt. Was hat sich die Ampel-Koalition für das Planen und Bauen vorgenommen und wer ist Klara Geywitz?
Von Friederike Meyer
Gemeinsam mit Olaf Scholz kandidierte Klara Geywitz 2019 für den SPD-Parteivorsitz, jetzt nominierte der designierte Kanzler sie für sein Kabinett. Die SPD-Politikerin soll morgen als Bundesministerin für Bauen und Wohnen vereidigt werden. Interessant am Werdegang der 45-jährigen Potsdamerin dürfte vor allem sein, dass sie im Brandenburger Landtag als Finanzexpertin der Fraktion, Leiterin des Innenausschusses und als Mitglied im BER-Sonderausschuss fungierte und derzeit im Landesrechnungshof für Prüfungen im Bereich Bauen, Wohnen und Verkehr zuständig ist. Dies könnte für ihre neue Aufgabe besonders hilfreich sein. Auch Frauen und Familie seien für die dreifache Mutter ein Thema, heißt es in einem Beitrag des rbb, der Geywitz als schlagfertig und humorvoll beschreibt und sie selbst mit den Eigenschaften „konkret, lösungsorientiert und sehr verlässlich“ zitiert.
Die Personalie ist jedoch nur eine von mehreren vielversprechenden Botschaften der angehenden neuen Regierung. Seitdem die Ampel-Koalition am 24. November den Koalitionsvertrag vorgestellt hatte, ist klar: Nach 23 Jahren wird es erstmals wieder ein eigenständiges Ministerium für Bauen und Wohnen geben. Seit 1998 war das Bauressort eher als Anhängsel mal dem Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von erst Wolfgang Tiefensee und später Peter Ramsauer (1998-2013), mal der Umweltministerin Barbara Hendricks (2013-2018) und mal dem Innenminister Horst Seehofer (2018-2021) zugeordnet. Mit ihrer Entscheidung adressiert die neue Koalition endlich die große Verantwortung der Bau- und Planungsbranche für den Klimaschutz und die soziale Gerechtigkeit.
Wer im 178-Seiten-starken Koalitionsvertrag nach konkreten Zielen sucht, findet sechs Seiten zum Thema „Bauen und Wohnen“. 102 mal taucht darin das Wort „nachhaltig“ auf, 51 mal „Klimaschutz“, 35 mal findet sich Wohnen. Von einem „Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik“ ist da die Rede, von einem Bündnis „bezahlbarer Wohnraum“, das 400.000 neue Wohnungen jährlich, darunter 100.000 öffentlich geförderte hervorbringen soll. Das Papier spricht auch von einer „neuen Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen“ und der „dauerhaften Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums“. Das ist nötig, denn, die Zahl der Sozialwohnungen nimmt weiterhin schneller ab als dass neue hinzukommen.
Weiterhin will die Ampel-Koalition unter anderem einen „Bau-, Wohnkosten und Klimacheck“ und den „digitalen Gebäuderessourcenpass“ einführen, die Baukostensenkungskommission fortführen, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Bauherrin stärken, das KfW Programm zum Kauf von Genossenschaftsanteilen aufstocken, bis 2030 die Obdach- und Wohnungslosigkeit überwinden, Prozesse der Normung und Standardisierung anpassen und nicht zuletzt das Baugesetzbuch (BauGB) novellieren sowie die Honorarordnung für Architekten (HOAI) reformieren.
Viele Kammern und Verbände begrüßen die Pläne grundsätzlich. Doch es gibt auch Forderungen, nachzusteuern. Die Architektenkammer Berlin zum Beispiel möchte die am Ende der vergangenen Legislaturperiode gescheiterte Novellierung der Bauordnung in den ersten 100 Tagen der neuen Regierung umgesetzt sehen. Damit würden nicht nur Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht, sondern auch Nachhaltigkeitsthemen, wie etwa der Schutz erhaltenswerter Bausubstanz oder mehr Barrierefreiheit direkt in die Umsetzung gebracht.
Dass jährlich 400.000 neue Wohnungen gebaut werden sollen, deute gemäß der Berliner Architektenkammer nicht unbedingt auf die notwendige Bauwende hin. Denn verträgliche Nachverdichtungen, Aufstockungen und andere Transformationen im Bestand, aber auch in neuen klimaresilienten Stadtquartieren seien nur mit interdisziplinären Abstimmungsprozessen zu haben. Ein programmatisches Umdenken sei hier angesagt und eine konsequente Entsiegelungsstrategie.
Die Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen Brigitte Holz teilte mit: „Es ist zu hoffen, dass nicht nur der Wohnungsbau, sondern auch die Stadt- und die Infrastrukturentwicklung profitieren. Letztere ist die Grundvoraussetzung für (...) eine ausgewogenere Entwicklung von Städten und ländlicheren Regionen in Hessen. Mit der angekündigten Novelle des Baugesetzbuchs (BauGB) wird die seit Jahren vorgetragene Forderung der Stadtplaner*innen erfüllt, den § 13b BauGB abzuschaffen, der zu mehr Außen- statt zu mehr Innenentwicklung geführt hat. Das ist gut so.“
Die Bundesarchitektenkammer (BAK) wiederum regte zwei strukturelle Maßnahmen an. Es sei sinnvoll, dass die Unterabteilung H III (Raumordnung, Regionalpolitik und Landesplanung) aus dem ehemaligen Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat in das neue Bauministerium übertragen werde. Außerdem plädierte die BAK dafür, die im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums angesiedelte BImA ins Bauministerium einzugliedern.
Zur Erinnerung: Bundesministerin Barbara Hendricks hatte bereits 2014 von einer Novellierung der Bauordnung und von Gebäudeaufstockungen gesprochen. Mit der neu eingeführten Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ hat sie den Kommunen die Planung der kleinteiligen, nutzungsgemischten „Stadt der kurzen Wege“ ermöglicht. Das von ihr initiierte „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ war 2016 als Wohnungsbauoffensive mit 375.000 erteilten Baugenehmigungen innerhalb eines Jahres angelaufen. Der Bund stellte den Ländern damals jährlich 1,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Bundesminister Horst Seehofer, dessen Wohnraumoffensive das Ziel von 1,5 Millionen neu gebauten Wohnungen in der Legislaturperiode nicht ganz erreichte, verwies hingegen gerne auf die Tatsache, dass unter seiner Leitung zehn Milliarden Euro für das Baukindergeld bereitgestellt wurden.
Sicher ist: Der Erfolg der Ampelpläne wird sich allein an Zahlen nicht messen lassen. Mindestens ebenso wichtig ist das Feinjustieren der zahlreichen Instrumente, die klimaverträgliches und sozial gerechtes Bauen in Deutschland ermöglichen. Diesbezüglich ist Horst Seehofer kaum vorangekommen. Klara Geywitz kann es nur besser machen.
Zum Thema:
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es: „Außerdem plädierte die BAK dafür, die im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte BImA ins Bauministerium einzugliedern.“ Diese Aussage wurde korrigiert.
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