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25.06.2019
Gropius, der Atmosphärische
Kjetil Trædal Thorsen über Jobtausch, Ganzheitlichkeit und ‘das’ Bauhaus
Auch Kjetil Trædal Thorsen feiert im Bauhausjahr ein Jubiläum: Sein Osloer Büro Snøhetta wird in diesem Jahr 30. Angefangen bei der Bibliothek in Alexandria, über die Osloer Oper bis hin zum ersten Unterwasserrestaurant Europas hat sein Büro ebenso experimentelle wie prestigereiche Projekte weltweit realisiert. Mit BauNetz sprach er über Jobtausch, ganzheitliche Architekturausbildung und 'das' Bauhaus.
Herr Thorsen, am Bauhaus kommt in diesem Jahr niemand vorbei. Was macht Bauhaus für Sie besonders?
Kjetil Trædal Thorsen: Das erste, was mir einfällt, ist der transdisziplinäre, ganzheitliche Ansatz. Die Bestrebung, all die verschiedenen Berufe Teil der Ausbildung der anderen Berufe zu machen. Am Beginn von Snøhetta haben wir etwas entwickelt, was wir „transpositioning“ nannten. Wenn beispielsweise Sie die Journalistin sind und ich der Architekt, tauschen wir die Jobs. Nicht um Spezialisten zusammenzubringen, sondern um zu verstehen, wie der andere denkt.
Mit welchem Ziel?
Bis zu einem gewissen Maß meint der ganzheitliche Ansatz, dass ein Möbelstück auch ein informelles Stück Architektur, ein informelles Bühnenbild oder Kunst sein kann. All diese Dinge, mit denen wir arbeiten, beeinflussen sich gegenseitig. Nichts entsteht isoliert, nichts passiert in einem Vakuum. Deshalb ist die wichtigste Lektion, die es zu lernen gilt, interdisziplinäres Arbeiten. Bauhaus weitete das auch auf die Ausbildung aus. Um Architekt*in zu werden, musste man etwas über Bühnenbilder, musste man etwas über Kunst wissen. Heute heißt Architekt*in zu werden, zu wissen, wie man sich der Bauindustrie anpasst. In 90 Prozent der Fälle. Nicht alles, was heute gebaut wird, ist notwendigerweise Architektur.
Wo sind Sie Bauhaus zum ersten Mal begegnet? Und was ist Ihnen davon im Gedächtnis geblieben?
Mit 18, während meiner Ausbildung in Graz. Es war mehr die Art zu Denken, die mich interessiert hat, weniger die Ästhetik. Ästhetik kann immer wieder neu in verschiedene Zeiten übersetzt werden. Es waren mehr die Prozesse, die Arbeitsmethoden, die Modelle von Zusammenarbeit.
Was bedeutet Bauhaus heute für Sie?
Das Problem ist, dass niemand mehr über Bauhaus in einem normalen Sinn spricht, alle sprechen nur noch über das Bauhaus. Aber durch das Hinzufügen dieses das wandelt es sich von einer inhaltlichen, zu einer institutionell-orientierten Denkweise. Teil des Problems ist auch, wie Bauhaus später rezipiert wurde, wie es interpretiert wurde, statt zu schauen was tatsächlich geschah. Das ist die 2019er Rezeption. Die Diskussion um Bauhaus ist trotzdem immer noch aktuell.
Und zum Abschluss: Gropius, Meyer oder Mies?
Eine harte Entscheidung, aber ich würde Gropius sagen. Die meisten wählen wahrscheinlich Mies. Aufgrund seiner Konstruktionsrichtung und seinem Umgang mit Tektonik. Gropius war mehr so ein atmosphärischer Mensch.
Die Fragen stellte Katrin Groth.
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