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09.07.2021

Einfirsthof mit Baumhaus-Effekt

Kita in Sachsenkam von Beham


Die Idee, Baumhäuser als Inspirationsquelle für Architektur zu nutzen, ist sicherlich nicht neu. Besonders beliebt sind Feriendomizile hoch in den Baumwipfeln – so etwa bei Snøhettas Treehotel in Schweden oder Sigurd Larsens Hotel zwischen Eichen in Dänemark. Und auch innerstädtische Entwürfe wie das Wohngebäude in Seoul von Bo-DAA bedienen sich der Baumarchitektur als Vorbild. Dabei ist doch eigentlich nichts naheliegender als das Konzept für ein Gebäude aufzugreifen, das von Kindern genutzt wird. So jedenfalls dachten Beham Architekten aus Dietramszell, als sie damit beauftragt wurden, eine KiTa in der oberbayerischen Gemeinde Sachsenkam zu entwerfen. Entstanden ist eine Holzarchitektur, die Vegetation und Architektur geschickt miteinander verwebt.

Das Haus für Kinder im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen bietet ein offenes sowie inklusionsfähiges Konzept für 100 Kinder an. Geplant wurde das Haus in einem partizipativen Prozess zusammen mit Gemeinderat und dem Kita-Personal. Das 40 Meter lange und 20 Meter breite Gebäude wurde in kürzester Zeit gebaut und geplant: Innerhalb von sechs Monaten waren die Pläne fertig, genauso lange brauchte man, um den zum Teil vorfabrizierten Holzbau mit einer Grundfläche von 500 Quadratmetern zu errichten. Bei der Formgebung diente den Architekt*innen die Bauweise alter Sachsenkamer Einfirsthöfe als Vorbild. Entsprechend charakteristisch zeigt sich der Giebeldach-Bau nach außen hin – unten verputzt, oben holzverschalt sowie bedeckt mit roten Ziegeln. Ingesamt wurden dabei fast 700 Kubikmeter Holz verbaut. Das Holz der Fassade sowie das konstruktive Tannen-Vollholz stammt aus dem eigenen Landkreis.

Für den Baumhaus-Effekt wurden im Inneren des Baukörpers unterschiedlich große Lichthöfe ausgeschnitten. In diesen Höfen wachsen hohe Bäume, deren Äste und Blätter von allen Räumen aus zu sehen sind. Durch die Bepflanzung mit Sukzessionsvegetation, die nach und nach den Außenbereich selbst erobert, solle der Bau außerdem eine Verbindung zwischen Kindertagesstätte und angrenzendem Moorgebiet schaffen, sagen die Architekt*innen. Die bewachsenen Innenhöfe erfüllen gleichzeitig eine klimaregulierende Funktion – im Sommer wirken sie kühlend, in den Wintermonaten sorgen sie für einen geringeren Wärmebedarf. Im Obergeschoss verschatten Holzlamellen die dahinter liegenden großzügigen Glasflächen, das weit auskragende Dach schützt zusätzlich vor direkter Sonneneinstrahlung.

Das von Holz geprägte Interieur ergänzten die Architekt*innen durch ein Kita-übliches Farbkonzept: Sanitär- und Garderobenräume tauchten sie in intensive Farbtöne von saftigem Grün über strahlendes Gelb und Orange bis hin zu pastellenem Türkis und Lila. Gemäß dem pädagogischen Konzept „open doors“ entwickelten Beham Architekten ein Brandschutzkonzept mit Rettungswegen über die außenliegenden Gartentreppen. So können alle innenliegenden Erschließungsflächen als Spielflure genutzt werden und dabei die Türen zu den Gruppenräumen geöffnet bleiben.

Dass das Gebäude gelungen ist, darüber waren sich gleich drei Architektur-Jurys einig: Für das Haus erhielten die Architekt*innen den von der Europäischen Metropolregion München verliehenen Preis für „Baukultur - Wachstum mit Qualität“ in der Kategorie „gemischt genutzte Quartiere, Stadt- und Ortsteilzentren“, einen Anerkennungspreis in der Kategorie Oberland im Rahmen des Preises „Über Oberbayern“ des BDA sowie den Rosenheimer Holzbaupreis.

Das Haus der Kinder entstand im Auftrag der Gemeinde, die Kosten werden mit rund vier Millionen Euro angegeben. (dsm)

Fotos: Beham Architekten


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