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01.03.2023

Soziale Angebote statt Abriss

Kirchenumnutzung von LH Architekten in Hamburg


Im Jahr 1962 überschwemmte eine Sturmflut die Hansestadt Hamburg. Der Stadtteil Wilhelmsburg war wie auch das übrige Gebiet der Elbinsel besonders stark betroffen. In der Konsequnz entstanden dort in den Folgejahren zahlreiche Neubaugebiete. Die katholische Kirche rechnete gleichzeitig mit einem großen Bevölkerungszuwachs und beauftragte Anfang der 1970er Jahre den Architekten Jo Filke mit dem Entwurf eines neuen Kirchenbaus, der St. Maximilian Kolbe-Kirche.

Filke hatte zu dieser Zeit bereits zwei Kirchenbauten in Bremerhaven realisiert. Wie diese ist auch die Kirche St. Maximilian Kolbe von einer skulpturalen Gestaltung des Baukörpers gekennzeichnet. Markant ist in Hamburg vor allem der Turm, der sich spiralförmig aus dem polygonalen Kirchenschiff erhebt. Sichtbeton als bestimmendes Material kam dabei nicht nur konstruktiv zum Einsatz, sondern drückt auch den damaligen Zeitgeist und Gestaltungsansatz vieler Architekten aus. An das Kirchenschiff schließt die ehemalige Sakristei an.

2014 wurde aufgrund von Bauschäden und mangelnder liturgischer Nutzung zunächst der Abriss des Kirchenbaus diskutiert. Diese Pläne konnten jedoch glücklicherweise schnell verworfen werden. Stattdessen einigten sich das zuständige Erzbistum, die Kirchengemeinde und das Denkmalschutzamt auf eine Umnutzung des Gebäudes. Die Entwicklung des Vorhabens übernahm die katholische Hilfsorganisation Malteser mit dem Ziel, die Kirche und die benachbarte Pflegeeinrichtung zu einem Campus zusammenzufassen.

Es folgte 2016 ein Realisierungswettbewerb, den das Hamburger Büro LH Architekten für sich entscheiden konnte. Die Herausforderungen des nun realisierten Umbauprojekts lagen vor allem darin, innerhalb des denkmalgeschützten Gebäudes Räume für die zahlreichen sozialen und kulturellen Angebote der Malteser zu schaffen. Die Aufgabe lösten die Architekt*innen mit einem zweigeschossigen Einbau in den Kirchenraum, den sie als „Haus im Haus“ beschreiben. In Holztafelbauweise ausgeführt, grenzt dieser einen Teil des ehemaligen Kirchenraums ab und gliedert die eingeschlossenen Flächen kleinteilig entsprechend der Nutzungsanforderungen. Die zusätzlichen Lasten des neuen Gebäudeteils konnten nicht über das bestehende Fundament abgetragen werden. Hierfür wurden Mikropfähle ergänzt, auf denen horizontal eine aussteifende Stahlkonstruktion aufliegt. Diese wiederum bildet die Basis für den Holztafelbau.

Die denkmalgeschützten Innenwände blieben nach Aussage der Architekt*innen konstruktiv unangetastet. In den entstandenen Räumen sind heute unter anderem eine KiTa, eine Familienberatung sowie ein ambulanter Hospizdienst untergebracht. Durch die Bündelung der Funktionen innerhalb des Einbaus gelingt es den Planer*innen, im ehemaligen Kirchenschiff das ursprüngliche, auratische Raumerlebnis zu erhalten. Aufgrund mangelnden Tageslichtes im Kirchenraum wurden die geforderten Büroarbeitsplätze in der ehemaligen Sakristei untergebracht, die dafür um ein Geschoss ergänzt wurde. Insgesamt entstanden knapp 1.230 Quadratmeter Bruttogrundfläche.

Im Bundeswettbewerb „Europäische Stadt: Wandel und Werte – Erfolgreiche Entwicklung aus dem Bestand“ belegte das Projekt in der Kategorie Stadtgebäude noch zu Beginn der Umbaumaßnahmen 2018 den dritten Platz. Die Jury beschrieb damals die denkmalpflegerische sowie architektonische Qualität als vorbildlich und lobte die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure. Da der Kirchenbau im ehemaligen Projektgebiet der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg liegt, ordnet er sich zudem in eine ganze Reihe von Quartiers- und Stadtentwicklungsmaßnahmen in Wilhelmsburg ein. Außerdem kann das Projekt vor dem Hintergrund der aktuell stattfindenden Abrissdebatten als Positivbeispiel für die Aufnahme in einen schutzwürdigen Rahmen und gelungene Umnutzung gelten. (sbm)

Fotos: Dorfmüller Klier


Zum Thema:

Im Rahmen der Jubiläums-Baunetzwoche#600 Revisited blickten wir vergangenes Jahr auf das Projekt „Zukunft – Kirchen – Räume“ und die Umnutzungspraxis zahlreicher profanierter Kirchenbauten in NRW.


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

LH Architekten Landwehr Henke + Partner


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