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12.12.2013
Schwebende Schwere
Kirchenumbau in Weinstadt
Nicht ganz so minimalistisch und pur wie John Pawsons Pfarrkirche St. Moritz in Augsburg, aber auch ein äußerst feiner Umbau eines Sakralraums: „Schwebende Schwere“ betitelt der Architekt Florian Stocker sein Projekt für die katholische Kirchengemeinde St. Andreas im Stadtteil Endersbach von Weinstadt bei Stuttgart. Sein Büro Stocker Architekten hat die 1954 nach den Plänen von Philip Olkus erbaute Kirche im Inneren umgebaut und neu ausgestattet. Außerdem wurden die liturgischen Orte neu gefasst und positioniert.
„Auf der Suche nach poetischer Dichte wurden in der Kirche St. Andreas einfache Materialien und zurückhaltende Anordnungen der Volumina im Raum verwendet, die einen poetischen Widerhall nach dem französischen Philosophen Gaston Bachelard ermöglichen sollen“, erklärt Stocker. „Einrichtung, Gerät und Raumfolgen sollen entfernte Erinnerungen und neue Verknüpfungen jenseits des konkreten Nutzens ermöglichen.“
Den Untersuchungen der Architekten nach waren in der Vergangenheit gegenüber dem ursprünglichen Raumkonzept der Kirche deutliche Änderungen vorgenommen worden: Unter anderem war der Altar von der Rückwand abgelöst und in die Mitte des Altarraumes verschoben worden, und die ursprünglich hellen Bänke und das Parkett sind immer dunkler gestrichen worden. Das Fresko an der Rückwand des Altarraumes ist von dem Künstler Sepp Baumhauer überarbeitet worden und entfaltete dann eine Eigenständigkeit, während es zuerst auf die tektonische Struktur des Gebäudes eingegangen war. Kurzum: Die Harmonie des Raumes war durch eine stete Folge von Veränderungen ins Wanken geraten.
Das neue Raumkonzept der Architekten soll die hallenartige Großzügigkeit stärken und gleichzeitig Orte im hohen Raum schaffen. „Wir legten mit dem Bauherrn ein Gestaltungsleitbild fest: Heller Boden – Schwebende Schwere – Lichte Höhe“, erläutert Florian Stocker.
Am Kircheneingang wird man nun von dem neuen Taufstein empfangen, der auf dem Schnittpunkt der Altar und der Eingangsachsen steht. Aus bereitstehenden Sedilienbänken kann zur Taufe ein Geviert aufgestellt werden.
Beleuchtungselemente unterstützen den neuen Ort durch direktes und indirektes Licht. Vom Eintrittsort in die Kirche führt die Mittelachse im neuen Steinboden zum Altar, um den sich die Gemeinde zum Abendmahl versammelt. Zwei massige Steinblöcke aus braunem Granit wurden entfernt und durch eine schlanke mittige, kreuzförmige Steinstele ersetzt. Über diesem neuen Fuß scheint die schwere Mensaplatte zu schweben. Rechts und links der Achse vom Taufstein zum Altar wurden die Kirchenbänke ersetzt – die neuen Bänke wurden aus massiven halbierten Weißtannen gefertigt, „die aus einem Stück aus dem Schwarzwald herausgefräst wurden“ (Architekten), eben eine „schwebende Schwere“.
Fotos: Dietmar Strauß
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