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29.10.2020

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Binnenchor für St. Fidelis

Kirchenumbau in Stuttgart von schleicher.ragaller


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Die katholische Kirche St. Fidelis wurde vor fast 94 Jahren in Stuttgart eingeweiht und blickt auf eine ganze Reihe Umbauten zurück: Nach Kriegsschäden nahm Hugo Schlosser einen Wiederaufbau vor. 1964 folgten nach dem zweiten Vatikanum Umbauten durch Maria und Rudolf Schwarz, 1995 schließlich wurde die Haustechnik saniert. Obwohl sich an dem von Clemens Hummel entworfenen Kirchenbau die Umbrüche der 20er Jahre ablesen lassen, sind die Anlage der Kirche und die künstlerische Gestaltung der Natursteinfassade dem Historismus verpflichtet.

„Die Einflüsse der Moderne müssen Planer und Kirchengemeinde derart verunsichert haben, dass der Chor beispielsweise mit farbigen Rosettenfenstern und Natursteinlisenen nach den alten Plänen fertig gebaut wurde, jedoch im Mittelschiff auf die ursprünglich vorgesehene Ornamentik verzichtet wurde. Die Tragstruktur wurde als radikaler Bruch mit der Geschichte mit Sichtbetonflächen und rohem Putz ausgeführt“, schreibt das Stuttgarter Büro schleicher.ragaller über sein Sanierungsobjekt. Vom Katholischen Stadtdekanat waren Domenik Schleicher und Michael Ragaller beauftragt, neben dem bestehenden Kirchenmusikalischen Zentrum ein spirituelles Zentrum in die Kirche einzubauen.

Denn nach anfänglichen Plänen, das spirituelle Zentrum als eigenständigen Neubau auf dem Kirchengelände unterzubringen, hatte man sich für eine Umsetzung im bestehenden Kirchenschiff entschieden. Drei Besuche in Köln bei der zwischenzeitlich verstorbenen Maria Schwarz konnten die Fragen des Urheberrechts für den Umgang mit den liturgischen Gegenständen aus den 60er Jahren klären, schreiben die Architekten. Die 96-Jährige hatte die Projektbeteiligten ermutigt, konsequent das Konzept der „Communio-Kirche“ zu verfolgen. Anstelle des von Rudolf Schwarz entworfenen Altars installierten sie auf dem Sockel des Chorraums einen Holzeinbau, der sich über sechs Portaltüren zum Kirchenraum öffnen lässt. Durch schräg eingehängte Holzsegel aus Esche wird das Tageslicht gefiltert, gleichzeitig bleiben die Sichtbezüge zu den beiden von Georg Meistermann gestalteten Chorfenstern bestehen. Mit seinen Flügeltüren ermöglicht der neue Binnenchor unterschiedliche Raumvariationen – in geöffnetem Zustand ähnelt er dem Bild eines Flügelaltars.

Den Kirchenraum haben die Architekten allumfassend saniert: Ein neuer, hellerer Boden aus römischem Travertin soll die Klarheit im Raum fördern. Die dunkle Holzkassettendecke wurde aufgehellt, die Pendelleuchten sind um eine neue Lichtführung von Luna Licht (Karlsruhe) ergänzt, die unterschiedliche Szenarien ermöglicht. Der ebenfalls von Georg Meistermann gestaltete Kreuzwegzyklus wurde in die neu verputzten Wandflächen der Seitenschiffe eingelassen, so dass die Motive wie gerahmt wirken. Sämtliche Heiligenfiguren und Opferkerzen stehen auf Sockeln in neugefertigten halbrunden Nischen. Die künstlerische Gestaltung von Ambo und Altar durch den Bildhauer Martin Bruno Schmid reagiert auf die neue Gottesdienstform mit Seitenbänken. Die einem Monolith entnommenen liturgischen Gegenstände bilden eine Raumachse, um die sich die Gemeinde versammeln kann. (tl) 


Fotos: Zooey Braun


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

3

Albert Freistadt | 30.10.2020 18:58 Uhr

Sehr gelungen!

Ein echtes Highlight in der sonst ja eher etwas trockenen Architekturlandschaft von Stuttgart.

2

reto | 30.10.2020 09:03 Uhr

Antidepressiva

Peter: gegen Depression hilft auch Sonnenlicht - aber zieh uns da bitte nicht mit runter. Mag sein, dass die Kirche an sich ein strukturelles Problem hat, aber das kann Architektur nicht/kaum ändern. Viel mehr steht doch hier zur Debatte ob die Aufgabe - ein Kirchengebäude auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen - gelöst wurde. Das würde ich schon meinen, da mir das Ergebnis recht gut gefällt und dem Raum doch eine Freundlichkeit und Helligkeit verleiht, die den Aufenthalt angenehm macht. Das war auch genau das was die Planer tun konnten und getan haben - alles andere liegt in Gottes Hand. Also streng dich an, Burche.

1

peter | 29.10.2020 16:07 Uhr

alles schön...

... und gut. jetzt müssen nur noch leute kommen, die die kirche auch benutzen und mit leben füllen. was bringt die schönste architektur, wenn keiner hingeht.

man hat den eindruck, die kirchen wollen sich in letzter zeit mit schönen, hellen, freundlichen umbauten attraktiver machen, aber ich glaube, keine baumaßnahme löst die strukturellen probleme. dadurch, dass man alles teuer mit weißer farbe und hellem holz aufbrezelt, wird letzten endes nichts besser, solange es nicht gelingt, die menschen zu erreichen. andersherum wird ein schuh daraus.

 
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