Aus siebzehn Einreichungen wurde am 16. Januar der nichtoffene Realisierungswettbewerb um die Kirche St. Peter und Paul in Marburg entschieden. Auf dem bestehenden Grundstück sollte eine Neuordnung der Gebäude realisiert werden, die den Ansprüchen der katholischen Gemeinde entspricht und das vorgegebene Raumprogramm in die Umgebung integriert.
Die Betonkirche aus den Sechzigerjahren liegt im Zentrum Marburgs direkt neben der Universität, wo zum kommenden Sommersemester auch ein neuer Bibliotheksbau vom Darmstädter Architekturbüro Sinning entsteht. Dementsprechend waren die städtebauliche Einfügung und der Umgang mit der denkmalgeschützten Substanz neben funktionalen Anforderungen, der Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz sowie gestalterischen und räumlichen Qualitäten Beurteilungskriterien der Jury. Unter Vorsitz von Zvonko Turkali vergab sie folgende Preise:
- 1. Preis: Reith Wehner Storch Architekten (Fulda)
- 2. Preis: Sturm und Wartzeck (Dipperz)
- 3. Preis: BSS Architekten (Nürnberg)
- Anerkennung: Atelier 30 (Kassel)
- Anerkennung: Wandel Lorch Architekten (Frankfurt am Main)
- Anerkennung: BLFP Frielinghaus Architekten (Friedberg)
Der erstplatzierte Entwurf von
Reith Werner Storch (Fulda) konnte die Jury mit einem „deutlich erkennbaren, überzeugenden, städtebaulichen Ensemble, das im Inneren einen schönen Hof situiert,“ für sich gewinnen. In Höhe und Form gut gewählt, komme der Denkmalwert des Bestands direkt neben dem hinzugefügten Neubau aus Weißbeton zur Geltung und respektiere die gründerzeitliche Bebauung des Neubaugrundstücks und forme einen Abschluss der Kulturmeile. Obwohl die Fassade zur Biegenstraße als überzogen eingeschätzt wurde und moderater ausgebildet werden soll, um nicht in Konkurrenz zum Kirchenbau zu treten, lobte die Jury die einladende Eingangssituation. Diese würde von den „regelmäßig positionierten, zweigeschossigen Stützen und dem hohen Glasanteil unterstützt.“
Die zweitplatzierte Arbeit von
Sturm und Wartzeck (Dipperz) schafft laut Jury ein schönes Gebäudeensemble aus „drei im Maßstab angenehmen Bauten“, der Kirche und einem quadratischen, baumbestandenen Innenhof. Auch hier wurde der gelungene Übergang zur gründerzeitlichen Zeilenbebauung und die Fassade als markanter seitlicher Abschluss gelobt. Wenngleich die städtebauliche Situation mit der Positionierung der Kindertagesstätte, die die tieferliegende Gartenzone der Nachbarschaft abfängt, als positiv gewertet wurde, äußerte die Jury Kritik an der dreigeschossigen Organisation und den langen Anlieferungswegen.
Ähnlich wie der Siegerentwurf formen
BSS Architekten (Nürnberg) mit dem L-förmigen Baukörper eine klare Raumkante. Das eingeschossige Foyer des weitgehend zweigeschossigen Gebäudes stelle den Anschluss zur Kirche her und wird durch eine transparente Fuge sichtbar gemacht. Herausgestellt wurde besonders die „ebenerdige und zentrale Lage des Saals und die eingeschossig orientierte Anordnung des Kindergartens, die einen optimalen Zugang zu den Freiräumen ermöglicht“.
Eine der Anerkennungen erhielt
Atelier 30 (Kassel) für eine „geschickte Nutzung der Höhenverhältnisse des Grundstücks“, ein differenziertes Raumangebot von Wegen und Plätzen sowie die „gut gelöste Gliederung der Baukörper“. Auch die Materialwahl der Außenhaut, gefärbter Stampfbeton, wurde positiv gewertet. Kritikpunkt: die eher abweisende Anordnung der Fensteröffnungen. Im Entwurf von
Wandel Lorch Architekten (Frankfurt) bekam vor allem die Vorplatzsituation mit respektvoller Haltung der Kirche gegenüber sowie das „interessante Spiel aus Freiräumen und qualitätsvollen Raumabfolgen“ Aufmerksamkeit. Auch die Planung von
BLFP Frielinghaus Architekten (Friedberg) erhielt für eine „gute Anordnung und Eingangssituation“ eine Anerkennung. (rc)
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peter | 02.02.2018 16:19 Uhr@solong
ganz ihrer meinung - bitte den 2. preis bauen, der den schönen altbau besser respektiert und nicht so aufdringlich dranklebt.
aber wegen des renderings bin ich nicht einverstanden - die perspektive des 2. preises ist doch nicht minder aufwendig.
die visualisierung von platz 3 wirkt dagegen wirklich primitiv, v.a. weil sie schief und perspektivisch falsch zu sein scheint. da sollte man als architekt, wenn rendern im wettbewerb zugelassen (= gewünscht) ist, schon etwas mehr bringen.