Seit geraumer Zeit verzeichnen die christlichen Gemeinden in China starken Zuwachs. Schon in den Städten Fuzhou und Luoyuan errichtete das Büro INUCE (Fuzhou/Weinfelden) des Architekten Dirk U. Moench Neubauten für hiesige Glaubensgemeinschaften. Vor Kurzem konnte das Büro einen weiteren Sakralbau im chinesischen Julong fertigstellen.
Am Fuße eines Berges, umringt von Wäldern wurde die „Bergkirche“ auf einer Anhöhe von 20 Metern errichtet und thront wortwörtlich über Julong. Die neugegründete Satellitenstadt liegt im Einzugsgebiet der Millionenmetropole Quanzhou. Sie beheimatet eine wachsende christliche Gemeinde, die das Büro INUCE mit der Planung eines neuen Gotteshauses beauftragte, nachdem ihre Räumlichkeiten in einer gemieteten Ladenfront zur klein wurden. Aufgabe war es, einen überkonfessionellen Raum zu schaffen, der neben Gottesdiensten zusätzlich säkulare Gemeinschaftsbereiche anbietet. Während der Gespräche zum Entwurf des Neubaus formulierte ein Gemeindemitglied den Wunsch, die Kirche solle wie eine Arche für neue Mitglieder sein, ein sicherer Hafen. Aus dieser Idee habe sich schließlich die Gestaltung des Baukörpers entwickelt, so der Architekt.
Das 3.000 Quadratmeter umfassende Gebäude setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Den in die Höhe steigenden Kirchenbau platzierten INUCE schräg auf einen abgetreppten Sockelbau. Diesen wollen die Architekt*innen als „Pilgerpfad“ verstanden wissen, der durch seine zurückspringenden Terrassen und Treppen eine Art „Pilgerzug“ von Besucher*innen abverlangt. Neben dieser symbolischen Funktion umfassen die vier mit Granit verkleideten Sockelgeschosse Empfangsbereich, Gemeinschaftsräume sowie Studienzimmer. Ein innenliegendes Treppenhaus bildet die gebäudeinterne Erschließung bis hoch zum Kirchenschiff.
Oben angekommen, hebt sich der „Bauch“ des Kirchenbaus an und bildet eine Art Eingangstor. Auf einer ellipsenförmigen Grundfläche teilt sich die „Arche“ in ein Kirchenschiff und einen zur Stadt geneigten Ankunftsbereich. Das offene Atrium soll im Zusammenspiel mit außenliegenden Glockenspielen und einer Glasöffnung zum unterirdischen Gebetsraum auf die Idee des „Paradieses“ anspielen. Der Hauptbau des Kirchenschiffs öffnet sich mit einer umlaufenden Glasfront zu den umliegenden Wäldern. Hier, im Bauch der Arche finden die Gottesdienste der Gemeinde statt. Auch erhält man über das Kirchenschiff Zugang zu einem Aussichtspunkt innerhalb der östlichen Auskragung des Gebäudes. Die Fassade der eigentlichen Kirche wird durch eigens angefertigte Faserbetonplatten charakterisiert.
Text: Kjell Reiter
Fotos: Shi Kai / INUCE
Zum Thema:
Während in China neue Kirchen errichtet werden, sind hier zu Lande Kirchenbauten aufgrund sinkender Mitgliederzahlen immer wieder von Abriss bedroht. Einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen fordert das Manifest „Kirchen sind Gemeingüter!“
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Santos | 29.05.2024 12:57 Uhr...
Eine einfache, fast klassisch-moderne Geste, die mit ganz viel Gefühl in den Berg eingefügt wurde. Da wurden starke Räume und bedeutungsvolle Ausblicke geschaffen und wirklich spektakulär in Szene gesetzt. Auch die Raumfolge über Terrassen und Atrium bis in den Saal scheint ein fesselndes Erlebnis zu schaffen. Sehr effizient, und einfach nur - schön.