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21.11.2017

Klösterliche Anmutung

Kirche und Gemeindezentrum von Peter Krebs in Karlsruhe


In den christlichen Kirchen geht es heute zu wie in der freien Wirtschaft: Mit kühlem Blick werden Gemeinden fusioniert und überflüssiges Anlagevermögen abgestoßen. In der Karlsruher Nordweststadt wurden zum Beispiel vor einigen Jahren die beiden evangelischen Gemeinden Petrus und Jakobus zusammengelegt und deren bestehende Kirchen – darunter ein spannender Bau von Erich Rossmann – recht unsentimental einfach abgerissen. Zu teuer wäre eine energetische und barrierefreie Sanierung gewesen, hieß es, und man fragt sich schon, wie eine solche Entscheidung zustande kommt – bei zahllosen anderen Kirchenbauten aus jener Zeit waren die entsprechenden Modifikationen doch schließlich auch machbar.

Dass nicht immer alles schlecht enden muss, was betrüblich beginnt, zeigt sich in Nordweststadt aber auch. Denn der Neubau, den Peter Krebs (Karlsruhe) für die heutige Petrus-Jakobus-Gemeinde am Standort der alten Petruskirche am Walther-Rathenau-Platz errichtet hat, gehört zu den schönsten Sakralbauten der jüngeren Zeit. Von einer klösterlich anmutenden Gesamtanlage war anlässlich des Wettbewerbgewinnes 2011 die Rede, und das Ergebnis überzeugt nicht zuletzt mit seiner entwurfsnahen Umsetzung. Angesichts der Stringenz in Raumorganisation und Materialität an Rudolf Schwarz zu denken, ist sicherlich nicht falsch, auch wenn hier vollkommen andere theologische Paradigmen Ausdruck finden.

Peter Krebs legt seinen Neubau als lineare Raumfolge entlang des südlichen Randes des Walther-Rathenau-Platzes an. Die beiden Volumen aus geschlämmtem Ziegelmauerwerk – vom Platz aus links die Kirche und rechts das Gemeindezentrum – geben sich geschlossen, verfügen aber dank der mehrfach gefalteten Dachlinie über ein leicht surreales Moment. Einige Patios und größere Öffnungen machen zugleich die Südseite des Gebäudes für die anschließende Wohnbebauung, deren Verortung ebenfalls Teil des Wettbewerbs war, deutlich zugänglicher. Die Erschließung des Gemeindezentrums und des eigentlichen Kirchenraums erfolgt mittig über einen offenen Platz, dessen Kolonnaden die beiden Volumen verbinden.

Im Kontrast zur äußeren Erscheinung des Gebäudes als klar hervortretendes Objekt, überrascht der Kirchenraum mit einer die Raumgrenzen verwischenden Atmosphäre. Dazu tragen insbesondere die indirekten Oberlichtbänder und -öffnungen bei, die den Tagesverlauf im Inneren spürbar machen. Aber auch die Materialität der Architektur – weiß verputzte Wände, helle Böden aus Kalkstein und eine hölzerne Decke – verstärken diese Wirkung. Und präzise gesetzte Rücksprünge zum Beispiel im Bereich der Orgel geben dem Raum zusätzliche Tiefe. Das Gemeindezentrum mit seinen beiden zusammenlegbaren Sälen im Erdgeschoss hingegen ist vielleicht etwas profaner gestaltet, lässt aber bis in die Details Kontinuität erkennen.

Ein Happy End also für beide Gemeinden? Mit Sicherheit, denn was mit dem Neubau auch fortgeschrieben wird, ist ein Bedürfnis, das schon in einigen Modifikationen des alten Gebäudes von Rossmann Ausdruck fand. Der hatte seine Kirche ursprünglich weniger als Sakral- denn als Multifunktionsraum gedacht, der später gegen seinen Willen durch den Einbau von Fenstern des Glaskünstlers Graham Jones eine transzendentere Wirkung erhielt. Diese Fenster wurden nun auch in den Neubau übernommen – und die Gemeinde bekam endlich einen Ort, wie sie sich ihn offenbar schon lange gewünscht hatte. (sb)

Fotos: Brigida González


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