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04.02.2021

Regenbogen am Betonhimmel

Kirche in Brünn von Atelier Stepan


Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich der tschechische Architekt Marek Jan Štěpán eigenen Angaben zufolge immer wieder mit der Idee für eine Kirche in Lesná, einem nördlichen Stadtteil von Brünn, beschäftigt. Zwischen 1991–93 und 2013–17 arbeitete er zusammen mit seiner Ehefrau Vanda Štěpánová an einem entsprechenden Entwurf für eine Ausschreibung der römisch-katholischen Pfarrgemeinde Brünn-Lesná. Unter 36 Vorschlägen wurde das von Atelier Štěpán eingereichte Projekt von der Diözese Brünn schließlich zur Realisierung ausgewählt. 2020 erfolgte nach dreijähriger Bauzeit die Fertigstellung der Kirche der Seligen Maria Restituta. Gewidmet ist das vollständig durch Kirchenopfer und Spenden finanzierte Gotteshaus der bei Brünn geborenen Ordensschwester Maria Restituta Kafka, die aufgrund ihres Widerstandes gegen das NS-Regime 1943 hingerichtet und 1998 seliggesprochen wurde.

Die Kirche befindet sich inmitten einer modernen Wohnsiedlung, die in den 1960er Jahren im Stil einer Gartenstadt von den beiden Brünner Architekten František Zounek und Viktor Rudiš entworfen wurde. Schon im damaligen Masterplan war der jetzige Standort für einen Kirchenbau festgelegt. Das Bauwerk von Atelier Štěpán mit 2.350 Quadratmetern Nutzfläche bildet nun auf dem 3.000 Quadratmeter großen, rechteckigen Grundstück mit einem hier bereits exisitierenden Gemeindezentrum von Zdeněk Bureš einen neuen sakralen Gebäudekomplex. Dieser folgt einer elementaren, leicht lesbaren Geometrie, die mit der Linearität der umgebenden Wohnhäuser kontrastiert: Das Gemeindezentrum ist ebenfalls rechteckig, die Kirche erhebt sich über einem kreisförmigen Grundriss, daneben steht ein dreieckiger Turm.

Materialtechnisch knüpft das Ensemble an das in der umliegenden Wohnsiedlung dominierende Material an: Beton. Der zylindrische Baukörper des Kirchensaals mit einem Durchmesser von 25 Metern und einer Höhe von 18,5 Metern wird von einem 80 Meter langen Fensterband aus 120 Glasscheiben in Regenbogenfarben gekrönt, der ihn wie ein abstrakter Heiligenschein umfließt. Das Dach ist als asymmetrische, 3,50 Meter hohe Kuppel ausgeführt. Von der Kupelebene aus bildet eine schmale Brücke aus verzinktem Eisenblech eine Verbindung zum frei stehenden Turm, der mit 31 Metern Höhe auch als Aussichtspunkt fungiert. Je nach Betrachterstandpunkt erscheint er aus der Ferne wie ein riesiges Periskop oder wie skulptural gestapelte Betonquader. Kräftige Farbflächen in Rot, Orange und Gelb erinnern an Bauten von Le Corbusier, und auch zwei kurvierte Emporen, die sich in den Kirchensaal hineinwölben, lassen an dessen Kapelle in Ronchamp denken.

Während sich der Kirchenbau nach außen sachlich-rational gibt, wirkt sein Inneres geradezu sphärisch entrückt. Entgegen der Opulenz, mit der katholische Kirchen oftmals die Besucher*innen empfangen, schaffen hier kahle, raue Betonwände einen kraftvoll reduzierten Raum der Kontemplation. Dessen einzige, aber umso spektakulärere Dekoration ist das Licht, das durch die bunten Fenster fallend einen sich stetig verändernden, einem Regenbogen gleichenden Farbregen auf die rohe Oberfläche der Kuppel zeichnet. Mit Kreis und Regenbogen greift Štěpán auf essenzielle, uralte Symbole des Glaubens zurück, die für Ewigkeit, Hoffnung und den Bund Gottes mit den Gläubigen stehen. Er habe mit seinem Bau der umgebenden Plansiedlung einen „spirituellen Brennpunkt“ hinzufügen und den „Himmel über Lesná einfangen“ wollen, erklärt er dazu in seinem Projekttext. (da)

Fotos: BoysPlayNice


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