Es schien ihnen schon einmal unangebracht, eine alte Verteidigungsanlage mit einem neuen Baukörper zu ergänzen, der ihre historische Funktion ad absurdum führt und sie dadurch für zukünftige Generationen unlesbar macht. Um nicht dieser Ignoranz – man könnte meinen, eine Art baulicher Geschichtsrevisionismus – zu verfallen, konzipierten RO&AD Architecten mit ihrer Moses Bridge statt einer Brücke einen befestigten Laufgraben, der eine Wasserfläche durchquert, um die wiederhergestellte Verteidigungsanlage Fort de Roovere zugänglich zu machen.
Eingraben und Camouflage scheinen erprobte Strategien der Niederländer. Denn auch ihr kürzlich fertiggestellter Pavillon in der niederländischen Stadt Bergen op Zoom ist erst auf den zweiten Blick erkennbar. Das Ravelijn „Op den Zoom“ – ein typisches Ravelin im Sinne eines Postens, dessen Aufgabe es ist, den Wall zwischen zwei Bastionen zu schützen – wurde vom berühmten niederländischen Festungsbauer Menno van Coehoorn erbaut und ist das einzige von ihm erhaltene.
RO&AD Architecten eignen sich auch hier eine Typologie des historischen Festungsbaus an und gehen mit ihr spielerisch um. Ihr Kiosk, komplett aus Accoya-Holz gefertigt, ist in den Wall der ehemaligen Befestigungsanlage eingegraben und wird durch ein Oberlicht beleuchtet. Er beherbergt Toiletten und einen Informationspunkt auf der Festungsinsel, die heute für kleine öffentliche und private Veranstaltungen genutzt wird. Es ist paradox: Durch die Camouflage wird die ursprüngliche Funktion der Anlage erst erfahrbar gemacht, der Befestigungswall als solcher erst sichtbar. (df)
Fotos: Bastiaan Musscher
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