Zwei Kilogramm Polypropylen, 220 Grad, 50 Sekunden, soweit die Zutaten für einen Plastikstuhl. In seinem aktuellen Dokumentarfilm Monobloc begleitet der Journalist, Dokumentarfilmer und Produzent Hauke Wendler die allgegenwärtige Sitzgelegenheit durch die Welt. Seit dem 27. Januar 2022 ist der Dokumentarfilm in deutschen Kinos zu sehen. Dabei beginnt die Reise des Grimme-Preisträgers mit der Geschichte der drei Brüder Proserpio, die seit den 1970er Jahren mit ihrer Firma IPAE Progarden in Italien verschiedene Varianten des Monobloc produzieren – insgesamt seither rund 250 Millionen Exemplare.
Das Verfahren hatte der 2005 verstorbene französische Ingenieur und Designer Henry Massonnet entwickelt, der Dank Archivaufnahmen auch im Film zu sehen ist – gemeinsam mit seiner Sammlung an über die Jahre entstandenen Monobloc-Designs. Mit seiner Firma Stamp produzierte er als erster einen Plastikstuhl namens „Fauteuil 300“ in einem optimierten, jedoch nicht patentierten Spritzguss-Verfahren. Als Resultat verbreitete sich dieses Prinzip in den letzten 50 Jahren weltweit und die teilweise durchaus gut gestalteten Stühle büßten ob ihrer allgegenwärtigen Verfügbarkeit schließlich den Glanz von Designobjekten ein.
Doch Wendlers Erzählung über den Monobloc endet nicht mit der Tragik seiner verlorenen Wertschätzung. Sie widmet sich dem millionenfachen Gebrauch des Stuhls und berichtet vom amerikanischen Verein „Free Wheelchair Mission“, der auf Basis des Monoblocs günstige Rollstühle für Uganda entwickelt, besucht eine Produktionsstätte der Firma Supreme in Indien, in der ebenfalls aus einem Guss ein hochwertigerer Plastikstuhl millionenfach entstehen soll und endet auf einem Recyclinghof in Brasilien, wo kaputte Exemplare eine vergleichsweise wertvolle Ressource sind.
Mit jedem Ort, an dem der Monobloc entsteht oder zerfällt, scheint sich eine andere Perspektive auf seinen Nutzen ebenso wie seine spezifischen Produktionsbedingungen zu eröffnen. Vor sechs Jahren fragte die ARCH+ mit einem Monobloc auf dem Cover, ob Universalität spezifisch sein kann. Hauke Wendlers Film Monobloc beantwortet diese Frage mit einem klaren vielleicht. (sla)
Monobloc
Hauke Wendler
Deutschland 2021, 90 Minuten
Deutsche Originalfassung, seit 27. Januar 2022 im Kino
Produktion Pier 53, Verleih Salzgeber
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Wanzer, Judith | 01.02.2022 19:06 UhrMonobloc
Sehr geehrter Herr Wendler,
wir haben mit Interesse und großer Freude Ihren Film am ersten Tag im Kino gesehen....als einzige Zuschauer leider!
Zu Hause fiel mir zufällig eine Abbildung einer Installation des Künstlers Brian Jungen in die Hände:
"Cetologie" (Walkunde) von 2002.
Leider gibt es hier keine Möglichkeit, das Foto als Anhang zu verschicken:Vielleicht schauen Sie sich es im Internet an =Monobloc auch hier
Weiterhin Viel Erfolg...bis zum nächsten Film vielleicht...
MfG Judith Wanzer