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02.10.2024

Hölzern heilen, rundum forschen

Kinderkrankenhaus von Herzog & de Meuron in Zürich


Tiny Houses für kleine Patient*innen, so könnte der alternative Titel für diesen Text lauten. Denn für das neue Universitäts-Kinderspital Zürich schufen Herzog & de Meuron eine Bettenstation, deren räumliche Qualitäten denen der beliebten winzigen (Urlaubs-)Domizile gleichen. 114 solcher dem Wohlbefinden zuträglichen Einzelzimmer befinden sich auf dem Dach des Akutspitals, einem von zwei Gebäuden, mit denen HdM den historischen Krankenhausstandort am Fuße des Burghölzli-Hügels in Zürich-Lengg erweiterten. Gemeinsam mit dem runden Gebäude für Forschung und Lehre entstanden hier neue Räume für das größte pädiatrische Zentrum der Schweiz, das Anfang November den alten Standort in Zürich-Hottingen aufgeben wird. Den entsprechenden Wettbewerb hatte das Baseler Büro bereits 2012 gewonnen, die Bauzeit betrug sechs Jahre.

Vis-à-vis der denkmalgeschützten Anlage der Psychiatrischen Uniklinik von 1869 liegt das Kinderspital, ein Betonskelettbau mit konkav geschwungenen Außenwänden. Die feingliedrigen Holzfassaden der beiden unteren Geschosse wirken als Verbindung zu den Krankenzimmern, die als Holzhäuschen mit individuell geneigten Pultdächern und Ausrichtungen entlang der Gebäudekante angeordnet sind. Dank großer Fenster bieten sie den Kindern und begleitenden Personen Ausblicke in die umgebende Landschaft. Dahinter befinden sich der Hubschrauberlandeplatz sowie vier interdisziplinäre Behandlungszentren, die eine medizinische Versorgung in unmittelbarer Nähe zur Unterbringung ermöglichen.

Das raumhaltige Betontragwerk von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss ist je nach Ansprüchen der dahinterliegenden Nutzung mit Glas, Holz oder Textil ausgefacht oder begrünt. Im Inneren wurden die Stützen und Erschließungskerne aus Beton in Leichtbauweise ergänzt, um zukünftig notwendige Anpassungen zu ermöglichen. Durch das weit geöffnete Portal gelangt man über einen runden, mit Bäumen bepflanzten Hof zur Eingangshalle. Von dort aus erschließen sich das Restaurant und der Zugang zu den Therapiebereichen im ersten Untergeschoss. Auch die ambulanten Untersuchungs- und Behandlungsbereiche wie Bilddiagnostik oder die Chirurgische Tagesklinik sind hier angesiedelt.

Am östlichen Ende des Gebäudes liegt die Notaufnahme. Weitere Gebiete der Poliklinik, die Spitalschule und die Apotheke befinden sich im ersten Stock. Gefasst werden diese gemeinschaftlich genutzten Bereiche durch rund 600 medizinische und administrative Arbeitsplätze entlang der Außenwände. Begrünte Innenhöfe durchziehen das dichte Raumprogramm auf allen Ebenen und sorgen für Tageslichtzufuhr.

Unterirdisch über einen Gang verbunden ist das Krankenhaus mit dem neuen Forschungsgebäude, dessen markanter weißer Zylinder auf dem Nordareal fünf Geschosse hoch aufragt. Hier ist alles auf die Zusammenarbeit der unterschiedlichen medizinischen Disziplinen ausgelegt. Das Innere prägt ein Atrium mit Guggenheim’scher Anmutung, gesäumt von offenen Arbeitsplätzen. Die Forschungs- und Diagnostiklabore mit festen Büros auf allen fünf Levels sind nach außen hin orientiert. Unter dem zentralen Raum liegen drei Hörsäle, die sich mit Foyer und Café zu einem großen Veranstaltungsort zusammenschalten lassen. Angrenzende Seminarräume ergänzen das akademische Raumangebot.

Rings um den hellen Solitär und das flache Hospital wurden über 250 Bäume gepflanzt und Eiszeit-Findlinge aus dem Aushub platziert. Die so nach außen gekehrte „innere Natur“ der Neubauten ist Teil des Leitgedankens ihrer Konzeption: Das Spital als eine Umgebung, deren Gestaltung Heilungsprozesse unterstützt. (kms)

Fotos: Maris Mezulis, Michael Schmidt


Zum Thema:

Mehr zur heilenden Kraft von Räumen in den Baunetzwochen #404 Healing Architecture und #522 Healing Environments


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