Der historische Bezirk in der nordtschechischen Stadt Liberec, Vratislavice nad Nisou, hat insgesamt gut 6.700 Einwohner. Jedoch nimmt die Bevölkerungszahl aktuell weiter zu und staatliche Grundstücke werden bebaut, insbesondere mit Bildungseinrichtungen und Freizeitstätten für Kinder und Jugendliche. Dabei zeigt sich die Stadt Liberec für ambitionierte, untypische Projekte sehr offen. Zumindest ist das beim neuen Kindergarten am Stadtrand der Fall. Geplant und realisiert hat ihn das lokale Architekturbüro Petr Stolín Architekt. Beeinflusst von der Arbeit des japanischen Duos Tezuka Architects, entwickelten Petr Stolín und Mitarbeiterin Alena Mičeková das zweistöckige Gebäude um einen zentralen Innenhof. Dank des Hofes können sich die Kinder gleich nach dem Betreten des Gebäudes orientieren und die Räume schrittweise entdecken – das erklären jedenfalls die Architekten.
In unmittelbarer Nähe des Grundstücks liegt neben Einfamilienhäusern noch der historische Bau einer Kunstschule. Der Kindergarten selbst befindet sich an einem nach Norden gerichteten Hang und wird vom Hochschulgebäude tagsüber teilweise beschattet. Eine transluzente Umhüllung, die das gesamte Grundstück umschließt, soll jedoch für genug Tageslicht im Inneren sorgen und zugleich Transparenz nach außen vermitteln. Das Gebäudeensemble selbst besteht aus drei kleinen Backsteingebäuden, die mit Glasfaser-Fassaden umhüllt und ihrerseits auf eine Holzkonstruktion montiert sind.
Zwei zweigeschossige, schmale Flügel sind jeweils für eine Kindergruppe vorgesehen. Durch einen einstöckigen Baukörper verbinden die Architekten die zwei Gebäudearme miteinander. Darin befinden sich der gemeinsame Speisesaal, Umkleideräume und Mitarbeiterbüros. In den beiden Flügeln sind Ruhezonen auf der unteren und Spielbereiche auf der oberen Ebenen untergebracht. Auf der zweiten Etage führen zudem seitliche Galerien zur Außenterrasse oberhalb des Speisesaals. Mehrere innen- und außenliegende Treppen schaffen unterschiedliche Verknüpfungen zwischen den Gebäudeteilen. So haben die Kinder die Möglichkeit, sich immer wieder neue Wege durch das Gebäude zu suchen, wie in einem bewachsenen Dschungel. Als Dschungel – im Übrigen – bezeichnen die Architekten auch ihren Bau. (mg)
Fotos: Alexandra Timpau
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John Doe | 22.02.2019 13:57 UhrWell Done!
Der Grundriss erschließt sich erst auf den zweiten Blick, ein fantastischer Entwurf, der abseits der sonst so üblichen Raum-an-Raum-Programmatik und starrer Funktionszuweisungen auch ein offenes pädagogisches Konzept ermöglicht und dabei gleichzeitig den Erlebnishorizont von Kindern architektonisch verarbeitet.
Da möchte man gleich wieder Kind sein und diesen Kindergarten besuchen. Besonders die Barrierefreiheit und die Beziehungen von Innen und Außen sind herausragen gelöst.