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11.08.2021

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Vieldeutigkeit durch Präzision

Kindergarten im Thurgau von Lukas Imhof Architektur


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Der neue Kindergarten, den Lukas Imhof Architektur in Zihlschlacht im Kanton Thurgau 2019 fertiggestellt haben, webt sich gelungen in den Gebäudebestand des Ostschweizer Örtchens ein. Das kompakte Volumen mit abgeschlepptem Dach liebäugelt mit dem regionalen Scheunentypus. Zugleich  haben die Zürcher Architekt*innen durch raffinierte Zitate und subtile Details dem Gebäude eine Eigensinnigkeit verliehen, die eben nicht einfach das Regionale baulich romantisiert. Nur fallen all diese kleinteiligen Eigenarten meist erst auf den zweiten oder gar dritten Blick auf. Genau das macht diesen Neubau so vielschichtig und interessant.

Bereits die Fassadengestaltung fordert einen zweiten Blick: Die Holzlatten sind in einem gedeckten Weiß gehalten. So weit, so schnell ersichtlich. Doch die vermeintliche Einfachheit wird durch jeden veränderten Blickwinkel irritiert. Denn die sichtbaren, schmalen Seiten der Lattung hat das Architekturbüro in Ochsenblutrot streichen lassen, so dass ein leichtes Flirren das Haus umgibt. Der Eingang zum Kindergarten wirkt wie das Dach eines rotblauen Zirkuszeltes – schon allein das wird allmorgendlich Eltern wie Kinder ein kleines Schmunzeln entlocken. Und die rote Holzstütze, die so selbstbewusst die Eingangssituation in zwei Bereiche teilt, ist ein Element, das in seiner Einfachheit geradezu zum Spielen einlädt.

Aufgrund der topographischen Situation ist der Kindergarten als Splitlevel organisiert. Sieben Ebenen zirkulieren um den Treppenkern wie Äste um einen Stamm. Das Treppenhaus wurde um 45 Grad zur Struktur des Grundrisses gedreht und zentral in das Volumen gesetzt, was Erinnerungen an die 1980er und frühen 1990er Jahre weckt. Die daraus resultierenden, fünfeckigen Räumlichkeiten sind keine Spielerei, sondern überzeugen und bieten erstaunlich flexible Nutzungsmöglichkeiten. Insbesondere der obere und untere Gruppenraum sind mit ihrer lichten Höhe von knapp eineinhalb Geschossen besonders attraktiv und atmosphärisch. Während im unteren Raum die Treppe wie eine Tribüne den Raum dominiert, entsteht durch das spitze Dach im Obergeschoss eine Art Bergsilhouette.

Die Bodenbeläge aus Linoleum wechseln in ihrer Farbigkeit. Helles Nadelholz, dunkelrote Fliesen in den Nassbereichen und türkisfarbene Einbauten treten als wiederkehrende Elemente auf. Auch die ovalen Fenster finden sich mehrfach im Haus und gewähren Durchblicke von Raum zu Raum. Es sind bildhafte Elemente, die im Zusammenspiel mit den wechselnden Farben des Bodenbelags Decken, Wände und Fußböden zu einem abstrakten Bild fügen und den Kindergarten zu einer Schweizer „Alice im Wunderland“-Version für Architekt*innen machen: Vieldeutigkeit durch gestalterische Präzision. (as)

Fotos: Hannes Heinzer


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

Baulöwe | 12.08.2021 22:08 Uhr

Kein Sünden-....

... aber auch kein Glücksfall. Mei o mei, Bauen ist schwer, gut bauen noch schwerer und hervorragend bauen ein Meisterstück. Damit haben wir es hier nicht zu tun. Aber da bleibt ja noch viel Luft nach unten. Viel Mühe hat auch dieses Haus gemacht. Aber man liebt es eben, wenn man die Mühe gar nicht merkt. Hier merkt man sie an allen Ecken und Enden - bis hin zur Stütze, die als Regenfallrohr verkleidet ist.

6

solong | 12.08.2021 09:27 Uhr

... große güte ...

... was ein gebastelt ... viel gewollt ...

5

auch ein | 12.08.2021 07:57 Uhr

architekt

innen gefällt es mir gut, auch die farbgebung im zusammenspiel mit den materialien und details.

aber aussen ist es ein gefummel ohne ende, kumulierend an diesem gestreiften einschnitt, in dem die stütze noch im weg ist....als student hätte man das bereits in der ersten korrektur um die ohren gehauen bekommen.

und bei dem bild mit der einzelnen müde-roten stütze dachte ich zuerst es wäre ein seltsam geformtes regenrohr...

4

Baukultur | 11.08.2021 18:12 Uhr

Durch Kopieren neues Erschaffen

Der eigene Meister Miroslav S. wurde mit dieser sehr schönen Arbeit gewürdigt ohne dabei Vatermord an ihm begehen zu müssen. Vielleicht ist es auch so das hier gar keine Pubertät beim Author stattgefinden musste. Gewissermaßen die gebaute Antwort auf die Empfehlung es bei einer "Reform" zu belassen. Ohne Bruch mit einem gut gemachten "weiter so".

3

schmendrik | 11.08.2021 16:04 Uhr

Vieldeutigkeit

scharf

2

stauBmeier | 11.08.2021 15:59 Uhr

keine Kinder

kein Garten
ein Nichts!

1

alumnus TUBS | 11.08.2021 15:40 Uhr

irgendwie seltsam...

tut mir leid, ich erkenne da kein gestalterisches Konzept mehr. Vielleicht ist genau das das Konzept?
Aber kommt ja aus der Schweiz, muss wohl gut sein

 
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