Ab Montag, 29. Oktober 2007, ist das KZ-Dokumentationszentrum im niedersächsischen Bergen-Belsen für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Entwurf für das Gebäude war aus einem Wettbewerb hervorgegangen und stammt von der Braunschweiger Dépendance des Büros KSP Engel und Zimmermann (siehe BauNetz-Meldung vom 3. März 2003 zum Wettbewerb, BauNetz-Meldung vom 16. März 2005 zur Planvorstellung und BauNetz-Meldung vom 4. Oktober 2006 zum Richtfest). Die Freiraumplanung stammt von dem Berliner Landschaftsarchitekturbüro sinai.exteriors AW Faust, das ebenfalls in dem Wettbewerb mit einem ersten Preis für die Landschaftsplanung hervorgegangen war. Die Gestaltung der Dauerausstellung übernahm der Architekt und Bühnenbildner Hans Dieter Schaal.
Das Dokumentations- und Informationszentrum besteht aus einem 200 Meter langen und 18 Meter breiten Baukörper aus Sichtbeton, der im wesentllichen einen großen, zweigeschossigen Raum birgt. Die Architekten erläutern das Konzept so: „Seine außergewöhnliche Kubatur, die radikale Beschränkung auf wenige, monochrome Materialien, der Verzicht auf besondere Detailausbildungen sowie die physische Präsenz der großen Form mit minimalistischen Einschnitten und Öffnungen verdichten sich zu einer kraftvollen, aussagestarken Architektur. Am authentischen Ort verdeutlicht sie selbstbewusst, aber unaufdringlich die Funktion und Bedeutung einer neuen, an internationalen Standards orientierten Form der Dokumentation und Erforschung der Verbrechen des Nationalsozialismus und gibt ihr einen der Komplexität der Aufgabe angemessenen Ausdruck.“
Ein historischer Weg verläuft direkt auf das Gebäude zu. Eine zeichenhafte Aussparung des Volumens markiert den Eingang. Nach dem Konzept der Architekten hat der Besucher nun die Wahl zwischen zwei Wegen: Einer führt ins Gebäude hinein und führt, unmerklich ansteigend, an der Ausstellung vorbei bis zu einem großen Fenster am Ende der großen Halle. Der zweite Weg ermöglicht eine Durchquerung des Gebäudes der Länge nach, ohne es betreten zu müssen. Anfangs überdeckt, führt er zu einem zentralen Innenhof unter freiem Himmel. Hier, am Beginn des eigentlichen Lagergeländes, kragt das Gebäude einige Meter aus, „hier endet der Bodenkontakt“ (Architekten).
Das nüchterne Gebäude hat viel Lob erfahren – auch deshalb, weil es aus einem Büro stammt, das gern als pragmatisch gilt. Doch nicht alle Kritiker sind gleichermaßen positiv gestimmt. Besonders heraus fällt der Rezensent der Frankfurter Rundschau, Arno Widmann. Er sieht hier „Herrschaftsarchitektur“ und polemisiert, das Gebäude fordere „die Bereitschaft des Besuchers, sich unterzuordnen und anzunehmen, was man ihm sagt“. „Das ist fatal. Der Bau mag ein Dokumentationszentrum beherbergen, aber er ist ein Tempel. Er macht aus der Auseinandersetzung mit den Verbrechen von Bergen-Belsen eine Religion.“
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Lars Wegas | 30.10.2007 16:47 Uhr@ archibert & neueheimat
Lieber ArchiBert und Neueheimat,
bevor man solche Vergleiche überhaupt anstellt, geschweige denn schreibt, sollte man sich doch mal vor Ort begeben und schauen ob dass wirklich so ist. Einen Vergleich mit Albert Speer an dieser Stelle zu bringen halte ich für vermessen, der Sache nicht dienlich und verachtend. Es zeugt ebenso wie der Artikel in der Rundschau von einem langjährigen Missverständnis einer angemessenen Erinnerungs- und Gedenkkultur in Deutschland sowie der Scheu vor einer erneuten Auseinandersetzung mit unserer schrecklichen Vergangenheit.
Dabei handelt es sich hier um ein Dokumentationszentrum und nicht um ein Mahnmal. Hier wird uns Deutschen mit der Gnade der späten Geburt ermöglicht, sich mit den Verbrechen der Naziherrschaft und deren willigen Vollstreckern auseinanderzusetzen.
Warum (Sicht-)Beton bei einigen von uns immer eine allergische 3-Reich-Allergie auslöst, kann ich bei dem, was ich von dem Haus gesehen habe, nicht nachvollziehen. Bei anderen Projekten die sich diesem Material bedienen, kommt doch sonst auch keiner auf diesen Vergleich.
Was ich auf den Bildern sehe, gefällt mir jedenfalls erst einmal sehr gut. Ich bin gespannt!