Die Stadt Perm, Hauptstadt der gleichnamigen Region in den westlichen Ausläufern des Urals, war einmal eine Millionenstadt – gegründet wegen reicher Kupfererzfunde, und im Zweiten Weltkrieg mit einem großen Gefangenenlager ausgebaut, das noch bis 1953 als sowjetischer Gulag betrieben wurde. Während des Zweiten Weltkrieges wurden hier – wegen der großen Entfernung zu Deutschlands Bombern – Rüstungs-Industrien angesiedelt. Bis 1991 war Perm eine für Ausländer „verbotene Stadt“ und Hochsicherheitszone.
Seitdem verändert sich die Stadt drastisch. Einerseits ist sie nun offen für Ausländer, andererseits weiß niemand, warum er nach Perm fahren sollte. Auch den Titel, „Europas östlichste Millionenstadt“ zu sein, hat Perm mittlerweile an die baschkirische Hauptstadt Ufa verloren – Perm verliert seit 20 Jahren kontinuierlich Einwohner, derzeit leben „nur“ noch knapp 950.000 Menschen dort.
Auf der laufenden Architekturbiennale in Moskau wurde nun erstmals der neue, offizielle Masterplan für die künftige Entwicklung Perms vorgestellt, erarbeitet von Kees Christiaanse & Partners (KCAP). Der Masterplan wird als „strategisch“ bezeichnet, weil kein Zeitplan für seine Umsetzung besteht – er definiert vielmehr die „räumlichen Bedingungen, beschreibt die Potenziale für eine künftige Entwicklung, die Grenzen und wünschenswerten Qualitäten der Stadt“, so die Planer.
KCAP greifen dabei auf das Bild der „Kompakten Stadt“ zurück. Gewisse städtische Gebiete sollen verdichtet werden und neue Qualitäten bekommen. Durch Bevölkerungsschwund frei werdendes Land soll neue „sozial und ökonomisch nachhaltige“ Nutzungen erhalten. Offensichtlich sollen insbesondere die lange industriell genutzten Flussufer wieder zugänglich werden sowie grüne Korridore durch die Stadt definiert werden.
Klingt alles etwas vage? Das ist durchaus Absicht: „Der Masterplan ist kein fester Entwurf, der gezeichnet und dann umgesetzt wird. Es ist vielmehr das Konzept einer Transformation, in dem die Umrisse der künftigen Stadt skizziert werden – eine politische Willensbekundung, die Grundlage eines gemeinsamen Vorgehens aller Beteiligten werden soll“, so Markus Appenzeller, der die internationalen Projekte von KCAP leitet. „Mit seinen Strategien und möglichen Werkzeugen wird unser Plan insbesondere versuchen, in den nächsten 30, 40 oder 50 Jahren mögliche Entwicklungswege für sozialistische Planstädte aufzuzeigen.“ Vielleicht werden wir dann wissen, warum wir unbedingt einmal nach Perm fahren sollten.
Zum Thema:
Moscow Architecture Biennale