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02.12.2019
Erdbebensichere Rechtsprechung
Justizpalast im karibischen Guadeloupe
Seit nunmehr 200 Jahren ist die karibische Inselgruppe Guadeloupe politisch ein fester Teil Frankreichs. Doch wie zeigt sich der europäische Staat in diesem geografisch weit entfernten Übersee-Département? Unumstößlich, präsent und nicht zu aufdringlich – so zumindest ließe sich die Architektur des neuen Justizpalasts in Pointe-à-Pitre deuten. Der Neubau von ignacio prego architectures (Paris) repräsentiert und beherbergt die französische Jurisdiktion in der größten Stadt Guadeloupes. Er ersetzt eine Reihe kleinerer Gebäude, die zuvor über das knapp 17.000 Einwohner zählende Pointe-à-Pitre verteilt waren und schafft mit drei Gerichtssälen mehr Platz für die Rechtsprechnung auf dem karibischen Archipel.
Die geografisch-klimatischen Bedingungen in Guadeloupe sind nach europäischem Maßstab eine Herausforderung: große Erdbebengefahr, Vulkanausbrüche, extreme Wetterlagen durch die Insellage im Ozean und eine durchgehend intensive Sonne. Das Team der beiden Partner Igancio Prego und Rémy Souleau entwarf für den Justizpalast mit seiner Bruttogrundfläche von 5.893 Quadratmetern einen nahezu rechteckigen Rahmen aus Stahlbeton. Er bildet die Grundfläche des Gebäudes. Die beiden obersten Geschosse wurden als schmale Riegel ausgeführt, die von der Straße fast nicht zu erkennen sind. Über die ganze Länge aller Etagen zieht sich eine zentrale Achse, auf der die Erschließungswege liegen und die selbst einen tragenden Kern des Baus bildet. Innerhalb dieses statischen Frameworks konnten die Architekt*innen die sonstigen Bereiche – insbesondere das Erdgeschoss mit der doppelgeschossigen Lobby und den drei Gerichtssälen – recht frei gestalten. In den öffentlichen Bereichen arbeiteten sie aufgrund der Erdbebengefahr mit Metalldecken.
Die tragenden Außenwände setzen sich alternierend aus Stahlbeton und Fenstern aus Aluminium zusammen. Diese Konstruktion umschlossen die Architekt*innen mit einem Lamellensystem aus eloxiertem Aluminium. Diese Hülle schützt mehrfach: Sie bietet eine passive Steuerung der Lichtintensität und ermöglicht es gleichzeitig, den Energieverbrauch drastisch zu reduzieren. Sie stellt die nötige Zurückgezogenheit der Innenräume her und sichert die Glasflächen bei heftigen Stürmen. Nur die repräsentative Front, mit der sich die ersten zwei Geschossebenen in das Straßenbild vorschieben, ist nicht umhüllt. Hier legten die Architekt*innen die langen Aluminiumrahmungen und Fenster frei, die sonst hinter den Lamellen verborgen sind. Das Projekt im Auftrag der nationalen Justizbehörde Frankreichs kostete 24,2 Millionen Euro. (sj)
Fotos: Luc Boegly, Laure Vasconi
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