Das De Hoge Rielen ist ein ehemaliges Militärgelände im Norden Belgiens. Es stammt aus der Zeit des Kalten Krieges, wurde jedoch bereits 1976 zu einem Freizeitzentrum mit Jugendherberge umgenutzt. Während des Umbaus wurde zunächst kaum Rücksicht auf die militärische Vergangenheit des Bestands genommen, was sich mit einem Masterplan aus dem Jahr 2004 änderte. Er stammt vom Studio Associato Bernardo Secchi Paola Viganò und gliedert künftige Planungen in drei Ebenen. Neben Natur und Pädagogik, galt es seither auch, die militärische Vergangenheit – „verräumlicht“ in Schuppen, Lagergebäude, Straßen, Hügeln und Wasserbecken – zu entwickeln.
In diesem Kontext renovierten dmvA bis 2022 zwei der ehemaligen Militärgebäude (Haus 27 und 30), bauten das bestehende Theater um und errichteten eine neue Gruppenunterkunft (Haus 39) im Zentrum des Geländes. Die Bauherrenschaft übernahm die Agentschap Facilitair Bedrijf als staatliche Agentur im Auftrag des Ministeriums für Kultur, Jugend und Medien. Bei einer realisierten Fläche von insgesamt rund 1.500 Quadratmetern werden für das Vorhaben Baukosten von circa 2,4 Millionen Euro angegeben.
Das heutige Theater ist eine ehemalige Scheune des Militärs, die seit den 1980er Jahren für Aufführungen und Veranstaltungen genutzt wird. Der Bestand fügt sich aus einem Stahlgerüst mit Ausfachungsmauerwerk, das die Architekt*innen von innen isolieren. Abgeschlossen wird der Wandaufbau mit Akustikbetonsteinen. Zu einem halbrunden Schornstein-Anbau aus dem ersten Umbau kommen zwei weitere bogenförmige Ergänzungen hinzu, die dem Bau einen skulpturalen Charakter verleihen. Ist das ursprüngliche Mauerwerk noch im Läuferverband ausgeführt, zeigte sich die erste Erweiterung in einem wilden Verband. Durch die Wahl eines Stapelverbands in ihren Anbauten wollen die Architekt*innen die Erzählung fortführen.
Wie das Theater liegt auch das Haus 39 an dem zentralen Weg, der gesäumt von Gemeinschaftseinrichtungen quer über das Gelände führt. Den ursprünglichen Bau mussten die Architekt*innen nach eigener Aussage aufgrund des schlechten bauphysikalischen Zustands abreißen. Ihren quadratischen Neubau mit 20 Schlafplätzen richten sie jedoch mit einem weit auskragenden Satteldach aus Faserzement-Wellplatten am Bestand aus. Während sich im Innenraum das rotbraune Mauerwerk der Bestandsbauten wiederholt, bilden nun vorgefertigte Sichtbetonteile die Fassade.
In die Struktur der Häuser 27 und 30 greifen die Architekten*innen nur minimal ein. Die Stahlrahmenkonstruktionen mit Ziegelmauerwerk werden renoviert und erhalten neue Tore sowie Fluchttüren in Gelb und Rot. Das Haus 27 erhielt außerdem Lagerräume, sanitäre Anlagen sowie eine Tribüne, die dem anschließenden Abenteuerpark zugeordnet ist. Das Haus 30 dient als Unterstand für den angrenzenden Campingplatz und kann flexibel zum Spielen, Essen, Schlafen oder Kochen genutzt werden. Darüber hinaus schufen dmvA gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekturbüro OMGEVING einen Lagerfeuerring, der 180 Sitzplätze bietet und zusätzliche rund 60.000 Euro kostete. (sbm)
Fotos: Stijn Bollaert
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Parkitekt | 03.05.2024 09:25 UhrBeschriftung
Mein Niederländisch ist ja nicht so pralle, aber das auf Bild 14, wo steht "gebouw 27" - ist das vielleicht Haus 27 statt 30?
Ansonsten: Starkes Projekt, in real bestimmt tolle Räume, die zur Aneignung einladen - aber auf den Fotos entfaltet sich so eine ambivalent-morbide Kalter-Krieg-Weltuntergangsstimmung (Zuviel Fallout geguckt?).