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21.01.2022

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Endlich im Gleichgewicht

Johann Jacobs-Haus in Bremen von Felgendreher Olfs Köchling


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Für alle Fans von Jacobs-Kaffee ist die Obernstraße 20 in der Bremer Innenstadt eine heilige Adresse. Hier hatte der legendäre Firmengründer Johann Jacobs 1915 einen Neubau errichtet, in dem er nicht nur ein großes Kaffee-Spezialitätengeschäft eröffnete, sondern auch eine eigene Rösterei. Nur einen Steinwurf vom großen Marktplatz und dem Rathaus entfernt begann hier der Aufstieg der Jacobs-Familie vom kleinen „Specialgeschäft“ für Kaffee und Tee zum milliardenschweren Unternehmertum.

Zwar ist die Kaffeemarke inzwischen an die Niederländer Douwe Egberts verkauft, aber die Grundstücke an der Obernstraße blieben im Familienbesitz. Heute gehören auch die Stadtwaage gleich hinter dem Stammhaus, das Essighaus direkt daneben sowie ein Kontorhaus in der Langenstraße dazu. So konnte der Urgroßneffe des Firmengründers, Johann Christian Jacobs, nun den Startschuss für ein großes Entwicklungsprojekt geben: Über 100 Millionen Euro will die Familie in den kommenden Jahren in ihre Gebäude investieren. Der erste Baustein wurde gesetzt, wo alles anfing: Das neue „Johann-Jacobs-Haus“ an der Obernstraße 20. Der Nachkriegsbau an gleicher Stelle wurde für den Neubau abgebrochen. Den Architekturwettbewerb gewann 2016 das junge Berliner Büro Felgendreher Olfs Köchling.

„Das Besondere an der Lage im Stadtgrundriss“, schreiben die Architekten, „ist die Dreiseitigkeit.“ Denn das Grundstück liegt an der Abzweigung der Großen Waagestraße, die als schmale Gasse zur tiefer gelegenen Langenstraße hinabführt; so fügt sich der sechsgeschossige Neubau zwar relativ unauffällig in die Fassadenfolge an der Obernstraße, bekommt aber gleichzeitig eine gute Sichtbarkeit. Innen haben sich die Architekt*innen an den Strukturen hanseatischer Kontorhäuser orientiert: die Grundrisse sind stützenfrei offen, „Erschließung und Konstruktion auf das Wesentliche reduziert“. Der Baukörper ist durch Rücksprünge der Fassaden vertikal gegliedert: Rückwärtig springt das zweite Obergeschoss etwas zurück, seitlich das dritte und zur Obernstraße hin das vierte Geschoss. So bekommt der schwere Bau aus dunklem Backstein etwas verspieltes, wie ein lose aufeinander getürmter Satz kleiner Kistchen.

Der Neubau strotzt also nur so vor Referenzen an seine Umgebung und zur Bremer Baugeschichte. Auf dem obersten, rundum verschlossenen Technikgeschoss prangt schon seit 2020 der Name des Firmengründers und auch der neue Kaffeeladen im Erdgeschoss hinter den Rundbögen konnte schon vor einer ganzen Weile eröffnet werden. Allerdings wartete das Gebäude noch auf sein gestalterisches i-Tüpfelchen in Form einer sogenannten „Laterne“, die erst Ende 2021 auf der nordwestlichen Ecke ihren Platz fand. Sie markiert nun als oberstes Steinchen auf dem Turm nicht nur die Kreuzung zur Waagestraße, sondern bringt auch die kubische Komposition in ihr Gleichgewicht. Und natürlich setzt sie damit zugleich ein weithin sichtbares Zeichen für die Rückkehr der Kaffeebohne in die Bremer Innenstadt. (fh)

Fotos: Philip Heckhausen


Zum Thema:

Bereits 2020 konnten Felgendreher Olfs Köchling eine Schule in St. Gallen fertigstellen. Ende 2016 war das Büro außerdem auf unserer Shortlist im Rahmen der Baunetzwoche#478 zu Gast.


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Kommentare

15

slurry | 26.01.2022 18:16 Uhr

nur Lob ???

bei aller Lobhudelei , mit der Umgebung hat das Ding außer des Klinkers nichts zu tun. Man vergleiche nur mit den Fensterformaten, Fensterabständen ... der Nachbarhäuser für die gleiche Nutzung.
Und wer den Neubau mit den Vorgängerbauten vergleicht, wird merken, wie arm der Neubau ist - trotz seiner subtilen Raffinessen, die man lesen können muß.
Die Überschrift mit Gleichgewicht habe ich nicht verstanden.

14

stauBmeier | 24.01.2022 15:58 Uhr

@9/10

Es geht nicht nur um Ordnung, aber immer um Form. Man muss sehen, dass man Form gefunden hat und nicht nur, das man sie sucht. Aber sicher: Der Kontrapunkt erst macht umfassende Mehrstimmigkeit möglich und verhilft ihr zum grundsätzlichen Wohlklang. Darum geht es doch, oder?

13

auch ein | 24.01.2022 15:56 Uhr

architekt

@12:
was für ein symbol würden SIE denn nehmen?

teebeutel geht nicht, auch kolonial.
würstchen geht auch nicht weil böses fleisch
ein segelschiff ging noch, damit hat man aber auch sklaven rumefahren...

schwierig schwierig....
...kann man sichs machen

12

Frauke | 24.01.2022 14:36 Uhr

Kaffeebohne

Man sollte mal das Symbol der Kaffeebohne als Ausrufezeichen des Kolonialismus hinterfragen.

Nicht umsonst gab es diese bis in die 1970er Jahre im sogenannten Kolonialwarenladen. Ob ein solches Monument noch ins 21. JH und die weltoffene Stadt Bremen passt ?

11

Fritz | 23.01.2022 13:11 Uhr

super

superschönes Gebäude - wie habt ihr das allein mit der Entwässerung hin bekommen. Respekt! Toll!

10

STPH | 23.01.2022 10:50 Uhr

@9.

Stadt ist so eine gestörte Ordnung, Leben, Wachstum, immer nur und dann

9

STPH | 23.01.2022 10:13 Uhr

@5 stauBmeier

Die labile Pyramide
Gestörte Ordnung, zielt auf eine viel umfassendere Ordnung, sucht das noch Grundsätzlichere.

8

Dr. Meyer-Langenstein | 22.01.2022 19:23 Uhr

ach so!

@Ding-Dong: Besserwisser!
@Jacobine: ein Korbbogen (Stichhöhe 1/3 bis 1/4 der Spannweite) ist das aber auch nicht wirklich.
@Baunetz: Die Kritik ist nicht ganz unberechtigt.Passt halt besser auf! Oder?

7

Ding-Dong | 22.01.2022 16:39 Uhr

@Hinrich Schoppe

Leider nur Bronze.. denn der liebe Gott steckt eben doch noch im Detail.

6

50667 | 21.01.2022 19:48 Uhr

....

...ganz große Klasse !

5

stauBmeier | 21.01.2022 17:24 Uhr

Eigentlich sehr schön, vor allem noch der Ziegel, aber

wie sieht das/der in 10 Jahren aus?
Wenn man so eine Architektur in die Stadt setzt
muss aber jeder Millimeter sitzen und passen.
Entweder hängt sich der Architekt dafür die Ansichten ein Jahr lang aufs Klo,
oder er legt die Ansichten für ein Jahr weg und bewerte sie danach erneut.
Dann würde hier mehr stimmen, bei den Bögen und Rechteckformaten.
Das interessiert aber leider keinen die Bohne.
Oder nur die.
Geschicktes Ablenkmanöver.





4

Jacobine | 21.01.2022 16:42 Uhr

Niveau ist keine Creme

Qualitätssicherung beim Baunetz – quo vadis?

Vor Tagen schrieb man den Commerzbank-Tower schon Jahn zu, schob in Hamburg St. Georg westlich des Hauptbahnhofs und jetzt werden Korbbögen zu schnöden Allerweltsrundbögen.

Nicht schön das.

Im Gegensatz zum vorgestellten Projekt.

3

Hinrich Schoppe | 21.01.2022 16:28 Uhr

Hut auf!

Hut ab kann man in dem Falle ja nicht sagen.

Auch wenn ich den Abbruch von "armen" Nachkriegsgebäuden immer erst einmal kategorisch ablehne darf ich zugeben: Das ist wirklich richtig gut. Dem Ort angemessen, sowohl geographisch wie auch historisch, mit aller Patina der Familie, die dahinter steht, ohne dass es tümelt. Selbst die große Größe (die Kasse muss ja stimmen) ist so hinzunehmen.
Die Quadratur des Kreises - der Sprung an der Ecke - ist hier mal gelungen.
Nächste Fritz-Höger Preis, ganz nebenbei. Oder?

Chapeau!

2

Christoph | 21.01.2022 15:54 Uhr

bunt

Wow - welch Expertise da auf dem letzten Bild aufbitzt. Das nimmt einem fast den Atem...

1

mame | 21.01.2022 15:46 Uhr

verdreht

sehr schöne zum Ort passende Fassade mit bemerkenswerter Originalität. Beispielsweise haben die durchgebogenen Geländer einen schon humoristischen Einschlag. Ebenso die einfache, aber wirkungsvolle Idee, durch versetzte Staffelung die Fassade um die Ecke laufen zu lassen

 
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