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13.01.2011
Poesie im Nirgendwo
Inujima Art House Project von Sejima
Ein Spiegelkabinett, ein Laufsteg, ein Holzrahmen so groß wie ein Familienhaus und ein silberner Hut – wäre man bösartig, könnte man die vier neuen Gebäude der japanischen Architektin Kazuyo Sejima (zweiter Kopf von SANAA: Sejima and Nishizawa and Associates) auf eben diese vier auf die Schönheit ausgelegten Attribute der Weiblichkeit reduzieren. Dabei spielt Sejima in ihren Minigebäuden des Inujima Art House Projects auf eine so einfache Art mit Raum, Oberflächen und Sichtbezügen, dass man die zweite Ebene in diesen eben „Ach-so-schönen-Bauwerken“ etwas suchen muss.
Das Ensemble wurde mitten in die Landschaft der japanischen Insel Inujima implantiert und setzt sich aus vier sehr unterschiedlichen Architekturen zusammen: F Art House, I Art House, S Art House und Nakanotani Gazebo. Während sich das eine durch seine verspiegelten, gewellten Wände ohne Dach auszeichnet, formt sich das andere als ein langer, schmaler S-förmiger Gang, der nur durch dünne transparente Acrylwände von seiner Umgebung getrennt ist. Decke und Boden sind geschlossen und bilden eine Art Schlauch. Das I Art House erscheint wie ein traditionelles japanisches Haus, bietet jedoch durch seine großflächigen Fenster einen freien Ausblick. Und hinter dem Nakanotani Gazebo verbirgt sich ein schalenartiges Aluminiumdach, das ähnlich wie ein Sommerhut auf Grund seiner perforierten Oberfläche vor Sonne, jedoch nicht vor Regen schützt. Dünne Stützen halten das Dach und erinnern durch ihre Leichtigkeit an den Serpentine Pavillon von SANAA in London.
In dem Inujima Art House Project mischen sich auch noch weitere Motive von Sejimas und Nishizawas einzelnen wie gemeinsamen Projekten. Die Spieglung der Besuchersilhouette in der Architektur zum Beispiel. Oder die unsichtbare Trennung von Innen- und Außenraum. Menschen treffen sich in Architektur – die japanische Leichtigkeit des Seins schreibt eine Poesie im Nirgendwo.
Hintergrund der Arbeit von Sejima ist die aktuelle Situation auf der verträumten Insel. Verlassene Wohnhäuser erzählen leise die Geschichten ihrer Bewohner, ansonsten ist die Insel überschaubar: ein Friedhof, Industriebrachen und Felder – Etwa 50 Familien wohnen noch auf Inujima; die Jüngeren ziehen meist sobald wie möglich weg. So gesehen hat Sejima eine Gruppe begehbarer Denkmäler geschaffen – Interventionen im verlassenen Paradies. Dem Betrachter wird ein persönlicher Bezug zu den Miniarchitekturen abverlangt, er muss sich selbst mit der Gesamtsituation auseinandersetzen – Menschen in Architektur.
Fotos: Iwan Baan
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