U-Bahnhöfe sind ungewöhnliche Bauwerke: Einerseits werden sie als Teil der Verkehrsinfrastruktur eher funktional und zurückhaltend gestaltet, andererseits prägt ihre Ästhetik die Wahrnehmung einer Stadt. Zeitschichten und wechselnde Moden werden hier ebenso ablesbar wie bestimmte gesellschaftliche Ambitionen oder die Wertschätzung des öffentlichen Raums.
Als Bauaufgabe erweisen sich U-Bahnhöfe jedoch als eine Seltenheit, was diesen kürzlich in Wien entschiedenen Wettbewerb zu etwas Besonderem macht. Nach jahrzehntelangem Hin und Her wird hier nämlich die U-Bahnlinie 5 in Angriff genommen. Aus diesem Grund wurde eine Gesamtgestaltung gesucht, die sowohl oberirdische wie unterirdische Bauten umfasst. Die Jury unter Vorsitz von Paul Katzberger kam zu folgendem Ergebnis:
- 1. Preis: YF architekten und franz architekten, Wien
- 2. Preis: Dietmar Feichtinger, Paris, und Peter Mitterer, Wien
- 3. Preis: Zechner & Zechner, Wien
In die zweite Runde des offenen Verfahrens hatten es außerdem das Atelier Albert Wimmer, DKFS Architects, Caramel Architekten,
Delugan Meissl Associated Architects, Madame Mohr mit SSP Planung und kub a / Karl und Bremhorst Architekten geschafft. Weitere Teilnehmer waren unter anderem Weston Williamson + Partners, Zaha Hadid Architects, PPAG architects, UNStudio und die Architektengruppe U-Bahn, die das Erscheinungsbild der Wiener U-Bahn in den Siebziger Jahren wesentlich geprägt hatte.
Die Gestaltung der neuen U-Bahn wurde von
YF und
Franz als „Partitur der Geschwindigkeit“ konzipiert, wobei Türkis als offiziell vorgegebene Farbe der Linie vielseitige Verwendung findet. Die Dynamik des Beschleunigens und Bremsens übersetzen sie überirdisch in die stark rhythmisierte Rahmenkonstruktion der Empfangsgebäude, während im Untergrund wechselnde Farbdichten und Hell-Dunkel-Verläufe prägend sind.
Nach Auskunft der Architekten sind diese gestalterischen Mittel niemals nur reine Ästhetik, sondern wichtige Elemente der Bewegungsführung. Die raumbildende Präsenz der Bauten im Stadtraum steht dabei im Kontrast zur lichten Gestaltung der Untergeschosse, bei denen die Funktionalität im Vordergrund stehen soll.
Mit ihrem Ansatz knüpfen die beiden Büros auf zeitgenössische Weise an die Gestaltung der Architektengruppe U-Bahn an, was explizit auch der Jury gefiel. Das Projekt besteche durch seine expressive und eindeutige Grundhaltung, die sich sowohl in der Präsentation im öffentlichen Raum als auch in der durch die geschickte Kippung der Stationswände entstehenden Raumwirkung zeige.
Bis sich die allgemeine Öffentlichkeit an der neuen Linie erfreuen kann, werden allerdings noch viele Jahre vergehen. Frühestens 2023 ist nach aktuellem Stand mit einer Eröffnung zu rechnen – bei Großprojekten dieser Art kann es ja bekanntlich auch ein wenig länger dauern.
(sb)
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