Bosco Verticale – der vertikale Wald: Endlich ein Bauprojekt, dessen Marketing-Name Sinn ergibt und ein Alleinstellungsmerkmal beschreibt. Die beiden Hochhaustürme mit dieser Bezeichnung an der Porta Nuova in Mailand von Stefano Boeri Architetti leisten „Pionierarbeit für die Bepflanzung von Hochhäusern“ und können „als Prototyp für die Städte von morgen gelten“. Das sagt das Deutsche Architekturmuseum (DAM), das zusammen mit der Stadt Frankfurt und der Deka-Bank Träger des Internationalen Hochhauspreises 2014 ist. Gestern Abend wurde dem „Bosco Verticale“ dieser Preis in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und wird seit 2004 alle zwei Jahre vergeben.
Die Jury unter Vorsitz des vormaligen Preisträgers Christoph Ingenhoven hatte aus einer Nominierten-Liste von 26 Projekten fünf Finalisten gewählt und daraus jetzt wiederum den Preisträger bestimmt:
Preisträger 2014
Finalisten- De Rotterdam in Rotterdam (151,30 Meter) von Office for Metropolitan Architecture (OMA), Rotterdam
- One Central Park in Sydney (64, 50 Meter und 116 Meter) von Ateliers Jean Nouvel, Paris
- Renaissance Barcelona Fira Hotel in Barcelona (105 Meter) von Ateliers Jean Nouvel, Paris
- Sliced Porosity Block in Chengdu (123 Meter) von Steven Holl Architects, New York
Der Internationale Hochhaus-Preis richtet sich an Architekten und Bauherren, deren Gebäude mindestens 100 Meter hoch sind und in den vergangenen zwei Jahren fertiggestellt wurden.
Beim diesjährigen Gewinner hat jede der 113 Wohnungen Zugang zu mindestens einer Terrasse, die einem kleinen Garten oder einem kleinen Waldstück gleicht: Mehrere hundert Bäume, durchmischt mit Stauden, Sträuchern und Bodendeckern, wachsen an den Fassaden. Die Pflanzen sollen für eine natürliche Klimatisierung der Wohnungen sorgen und den Bewohnern eine außergewöhnliche Wohnqualität bieten.
Die Jury über Bosco Verticale: „Die ‚bewaldeten Hochhäuser‘ sind ein anschauliches Beispiel einer Symbiose von Architektur und Natur“. Das Projekt sei definitiv ein Vorbild für die Bebauung dichter Gebiete in anderen europäischen Staaten.
Niklas Maak weist indes in der
FAZ auf den Widerspruch zwischen der üppigen Bewaldung auf den Visualisierungen und dem derzeitigen Stand hin: „In ihrem jetzigen Zustand erinnern die Türme an jemanden, der beschlossen hat, sich einen Vollbart wachsen zu lassen, aber erst beim Dreitagebart angekommen ist. Aus der Ferne sehen die Türme ein wenig wie unrasierte Lakeshore-Drive-Apartments aus.“
Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt zeigt in der Ausstellung „Best Highrises 2014/2015 – Internationaler Hochhaus-Preis 2014“ vom 20. November 2014 bis 1. Februar 2015 nicht nur den Preisträger und die Finalisten, sondern alle 26 nominierten Projekte.
Zum Thema:
www.international-highrise-award.com
Ab in die Vertikale! Interview mit Stefano Boeri auf unseren BAU-2015-Special-Seiten
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latimer | 25.11.2014 19:44 UhrBosco Verticale?
Es ist sicher ein gelungenes Hochhaus, mit hoher Wohnqualität und einzigartigem Panorama.
Aber ein Prototyp für die Städte von morgen ist es nicht und kann es auch nicht werden, denn es ist ausschliesslich dem äußerst wohlhabenden Teil der Bevölkerung vergönnt sich den Quadratmeterpreis und die immensen Pflegekosten zu leisten.
Ebenso zweifelhaft ist es, Bäume in dieser Exposition halten zu können. Es wurde bereits in den 60er und 70er Jahren hinlänglich probiert, scheiterte aber letzlich an den Unbilden des Wetters und der Unmöglichkeit über Jahrzehnte die Pflege der Vegetation kontinuierlich zu betreiben.
Fazit: Prototypische Lösungen müssen ernsthaft nachhaltig geplant werden, sonst bleiben sie das seltene Gadget weniger Liebhaber mit langem finanziellem Atem.