Von Jörg Zimmermann
In gewisser Weise unterscheidet sich die nun fertiggestellte Elbphilharmonie kaum von einem ganz normalem Haus. Wenn die Handwerker die Räume verlassen, die Architekten ihre Arbeit ordentlich getan und das Gebäude an die Eigentümer und zukünftigen Nutzer übergeben haben, werden die Möbel hereingeschafft. Während nun Scharen von Hamburger Bürgern über die Plaza, der Fläche zwischen altem Speicher und neuem Aufbau, flanieren und durch staunende Blicke und bewundernde Kommentare ihrer neuen Liebe im Hafen fast huldigen, wird im Inneren in den Foyers und Garderoben das Mobiliar zurechtgestellt.
Für einen ersten Blick auf das Interieur erfolgt der Zutritt durch die Backstage Door. Der an der Hafenseite gelegene Nebeneingang gewährt jetzt schon den Bediensteten, später dann Stars, Dirigenten, Sängern und Musikern Einlass. Fast symbolisch ist dieser Weg, auch für die Interior Designer und ihr Konzept. Nicht der große Auftritt war gewünscht, sondern es wurde nach der perfekten Ergänzung des architektonischen Konzepts gesucht. Die Leitidee zur Möblierung – ersichtlich im gesamten Konzerthaus – orientiert sich am Fokus der Architekten Herzog & de Meuron auf die Qualität der Werkstoffe. Die Materialität der Möbel variiert, um eine Bandbreite von Wahrnehmungen erlebbar zu machen – so steht es im Ausstattungskonzept, das neben den Foyers zum Großen Saal und zum Kleinen Saal die drei Lounges, die Suiten der Dirigenten und Solisten sowie die Proberäume umfasst. Was an Tönen und Stimmungsbildern in den Konzertsälen auftaucht, soll ungebrochen ästhetisch und taktil in den Zwischenräumen nachschwingen können.
Für die große Aufgabe hatte Daniel Schöning von WRS Architekten & Stadtplaner (Hamburg) als Experten die Hamburger Designer Eva Marguerre und Marcel Besau beauftragt. Variieren heißt nun für das interdisziplinäre Team nicht, einen wilden Mix der Materialien herbeizuzaubern oder Effekt haschende Kontraste zu setzen. Das Trio hat sich klugerweise auf Zurückhaltung besonnen. Die Möbel sind in Weißtönen gehalten oder in Abstufungen „entfärbt“. Lediglich im Kleinen Foyer werden die Möbel in Schwarz in das dunkle Gesamtbild aus Holz an Boden, Wand und Decke integriert.
Für die Foyers haben die Gestalter eine neue eigene Möbelserie entwickelt, die eng am konzeptionellen Rahmen bleibt und vor allem den hohen funktionalen Anforderungen an Möbel im öffentlichen Raum folgt. Ästhetisch integrieren sich die schlanken Eigenentwürfe, die 2017 auch in Serie gehen werden, mühelos in die offene Architektur. Bank und Beistelltisch korrespondieren elegant mit den Fensternischen. Die Stehtische sind auf den offenen Foyerflächen präsent, ohne den Raum zu füllen. Alle Oberflächen lassen sich, wenn die Gebrauchsspuren zu stark werden, mit wenigen Handgriffen leicht austauschen. Darüber hinaus kommt in der im 20. Geschoss gelegenen, nicht öffentlichen Sky-Lounge eine neu gestaltete Familie von dunklen Glastischen zum Einsatz. Die Möbel geben dem luftigen Raum, dessen Höhe direkt dem Schwung des Dachverlaufs folgt, eine erdende Substanz.
Die übrigen Möbelentwürfe stammen allesamt von möglichst jungen, in jedem Fall noch aktiven Designern. Mit dabei sind Entwürfe von Stefan Diez, Eric Degenhardt, Philipp Mainzer und Farah Ebrahimi, Sylvain Willenz, KaschKasch, Kraud und Claesson Koivisto Rune. Ein geschicktes Auswahlkriterium, das der Möblierung eine aktuelle Frische beschert und sie für die Zukunft wohlmöglich als Referenzpunkt im Blick behält.
Fotos: Elias Hassos, Nina Struve, Studio Besau-Marguerre
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Rolf Wolf | 15.11.2016 19:08 UhrKommse rin, könnse rauskieken
Schick jeworden, die Bude - wer wohntn da?