Schon einmal im November ins Sommerbad gegangen? Wahrscheinlich nicht. Die Berliner Sommerbäder bleiben nämlich rund achteinhalb Monate im Jahr für den Besucher*innenverkehr geschlossen. Vergangenes Wochenende beendeten auch die in der aktuellen Saison letzten beiden Bäder in Kreuzberg und am Olympiastadion den Badebetrieb, die als Teil eines Pilotversuchs schon deutlich länger als früher geöffnet waren. Die Initiative Pool Potentials hinterfragt nun diese bisher ungenutzten Raumpotentiale. Denn eigentlich lassen jene einzigartigen urbanen Orte die soziale und kulturelle Diversität der Stadt in besonderer Weise aufleben, so das Team. Ihr Engagement für die Berliner Bäder begannen Manuel Heck, Benjamin Meurer und Marina Sylla bereits mit ihrer Master-Thesis 2019 an der TU Berlin. Danach verschwand das Projekt der drei jungen Architekt*innen vom Studio Genua (Berlin) erstmal in der Schublade, doch unter dem Eindruck der Pandemie kam es wieder zum Vorschein. Finanziell unterstützt wird es dabei vom Berliner Projektfonds „Urbane Praxis“.
Mit zusammengenommen rund 450.000 Quadratmetern Fläche besitzen die Anlagen ein enormes Potential. Großzügige Wiesen- und Freiflächen sowie bestehende Infrastrukturräume machen für die Bäder diverse Zwischennutzungen denkbar. Ausgerüstet mit Wohnwagen und Plastikstühlen tourte das Trio in den vergangenen Monaten durch die verschiedenen Einrichtungen, um gemeinsam mit Nachbarschaft und lokalen Akteur*innen aus Politik und Kultur nach Wechselnutzungen für die Zeit vor und nach den Sommermonaten zu suchen. Neben ihren eigenen Vorstellungen haben sie die Stadtgesellschaft dazu mit einem Call for Ideas zum gemeinsamen Visionieren aufgerufen.
Einige der interessanten Lösungsvorschläge diskutierte das Team vor der Kulisse der Freibäder mit Expert*innen wie der Stadtforscherin Anna Steigemann, Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt oder dem Geschäftsführer der GEBEWO Soziale Dienste Berlin, Robert Veltmann, die das Projekt neben vielen anderen unterstützen. Erste konkretere Ideen gibt es schon: Notunterkünfte für die kalte Jahreszeit, temporäre Gewächshäuser in den Becken oder naheliegende Nutzungen wie Eislaufflächen und Parks. Meist stellt sich jedoch die Frage nach der Finanzierung und Vereinbarkeit mit der Pflege der Anlagen, die prinzipiell nur auf den Sommerbetrieb ausgelegt sind. Aus diesem Grund strengt die Initiative sich nun für Machbarkeitsstudien und Pilotprojekte an. Im Zuge der sowieso anstehenden Aufwendungen für Sanierungsmaßahmen könnte eine Nutzbarmachung realistisch werden. Bisherige Gespräche mit den Berliner Bäderbetrieben und den Senatsverwaltungen zeigen, dass auch die städtische Politik und Verwaltung dem Projekt offen gegenüberstehen.
Ganz bewusst möchten Pool Potentials aber auch ihre Kolleg*innen aus der Architektur ansprechen, um eine breitere Palette an kreativen Zwischennutzungen zu erarbeiten. Auf ihrer Website hat die Initiative bereits eine bildreiche Dokumentation der Freibäder zusammengestellt, die Wert und Potential dieser besonderen Stadtressourcen deutlich macht.
Text: Maximilian Hinz
Zum Thema:
www.poolpotentials.de