Bereits im Vorfeld des im Dezember entschiedenen Wettbewerbs für das Neue Luzerner Theater gab es reichlich Diskussionen: Zum einen sollten die hohen betrieblichen Anforderungen des bestehenden Hauses erfüllt werden, das künftig seinen Spielzeitbetrieb ausweiten will. Zum anderen hatten sich die Eidgenössischen Kommissionen für Denkmalpflege und Natur- und Heimatschutz in einem Gutachten grundsätzlich gegen den zunächst von der Stadt geplanten Ersatzneubau ausgesprochen – was allerdings nicht rechtlich bindend ist. Und so waren in dem 2021 von der Stadt Luzern ausgelobten Wettbewerb weder Abriss noch Erhalt des Bestandsbaus vorgegeben.
Das Theater Luzern ist in einem 1839 eröffneten klassizistischen Bau beheimatet, der sich am Ufer der Reuss neben der Jesuitenkirche aus dem 17. Jahrhundert befindet. Da der Standort in jedem Fall beibehalten werden sollte, galt es im Wettbewerb auch die besondere Lage und daraus resultierende Aspekte wie etwa den Lichteinfall in den Kirchenraum zu beachten. Auf die Ausschreibung des offenen, anonymen, zweistufigen Wettbewerbs für Generalplanerteams folgten 128 Einreichungen. Zwölf erreichten die zweite Phase und mussten sich laut Auslobung mit Planenden in mehreren Fachbereichen verstärken.
Begleitet wurde das Verfahren vom Büro für Bauökonomie (Luzern). Die Jury unter Fachvorsitz von Patrick Gmür entschied sich für folgendes Ergebnis:
- 1. Preis: Ilg Santer Architekten (Zürich) u.a. mit koepflipartner landschaftsarchitekten (Luzern)
- 2. Preis: Fruehauf, Henry & Viladoms (Lausanne) u.a. mit Studio Vulkan Landschaftsarchitektur (Zürich)
- 3. Preis: Knapkiewicz & Fickert u.a. mit Tremp Landschaftsarchitekten (beide Zürich)
- 4. Preis: Comamala Ismail Architectes (Delémont) u.a. mit Metron (Bern)
- 5. Preis: Graber Pulver Architekten (Zürich) u.a. mit Krebs und Herde Landschaftsarchitekten (Winterthur)
- 6. Preis: ARGE Cometti Truffer Hodel Architekten und Gut Deubelbeiss Architekten (beide Luzern); Landschaftsarchitektur mit Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten (Bern)
Das Luzerner Theater bietet als Mehrspartenhaus ein Programm aus Oper, Schauspiel, Tanz und Figurentheater. Die aktuell zehnmonatige Spielzeit soll aufs ganze Jahr ausgeweitet werden. Die neue Schwerpunktsetzung auf Musiktheater bedeutet besondere Anforderungen an die Akustik. Zum Raumprogramm gehören neben einem bespielbaren Foyer der Große Saal für 900 Personen, ein Kleiner Saal mit bis zu 350 Plätzen, ein Studio für kleinere Veranstaltungen, ein Restaurant sowie Räumlichkeiten für die 350 Personen, die am Luzerner Theater arbeiten.
Beim Siegerprojekt würdigte die Jury insbesondere den Bestandserhalt. Was an Programm dort räumlich nicht mehr gewährleistet werden kann, soll durch die Erweiterung in Richtung Jesuitenkirche sowie den Umbau im Altbau ermöglicht werden. Das Foyer platzieren Ilg Santer im Bestand, ebenso wie das Studio und das Restaurant. Der Neubau ist in drei Volumen gegliedert. Über das Dachgeschoss des Altbaus gelangt man in den Mittleren Saal unter einem von zwei Giebeldächern des Neubaus. Im darunter liegenden, flachen Gebäudeteil ist der Große Saal geplant, der entsprechend der Auslobung zum ebenen Podium umfunktioniert werden kann. Die dazugehörige Bühne und Technik werden unter dem Giebel des dritten, an die Jesuitenkirche angrenzenden Volumens positioniert. Nach Außen bestimmen die mit reflektierenden Metallplättchen verkleidete Fassade sowie wenige, große Fensteröffnungen den Neubau.
Auch wenn die Juryentscheidung den Konflikt zwischen Denkmalschutz und Neubauplänen der Stadt entschärfen konnte, scheint es in Luzern weiteren Gesprächsbedarf zu geben. Zuletzt lud der Theaterclub Luzern zur Diskussion. Dort wurden auch die eingereichten Beschwerden weiterer Architekturbüros thematisiert, die den Entscheid aufschieben. Der Baubeginn ist für 2026 geplant. (sla)
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mages | 25.01.2023 09:42 UhrI.O.
Vom Hocker reißt mich keiner der Entwürfe, Weiterbau statt Abriss finde ich jedoch notwendig. Die Giebelständigkeit des Siegerenwurfs finde ich (im Gegensatz zu Jenatsch) absolut nachvollziehbar, zeigen doch sowohl die Kirche alsauch der Bestandsbau mit seinem Risalit eine recht deutliche Giebelständigkeit. Gut gelöst finde ich auch das leidige Thema des Bühnenhauses, das bei vielen neuen und alten Theaterbauten irgendwie merkwürdig obenaufgesetzt wirkt. Das Thema »Gestapeltes Haus« hätte man sich allerdings verkneifen können, das wirkt schlecht nachgemacht und mir erscheint die aufgesetzte Hütte zu groß geraten.