Der Strukturwandel macht auch vor dem Fischereigewerbe nicht halt. Die zunehmende Unwirtschaftlichkeit von Fischereihäfen aufgrund niedriger Fangquoten bedingt neue Bewirtschaftungskonzepte. Auch Sassnitz auf der Insel Rügen steht vor der Umstrukturierung seines Hafens, dessen Industriegebäude nicht mehr den aktuellen Erfordernissen entsprechen. Daher lobte die Hafenbetriebs- und Entwicklungsgesellschaft Sassnitz im Sommer einen nichtoffenen Ideenwettbewerb nach RPW zur „Hochbaulichen Entwicklung Hafenstraße“ aus. Der erste Preis ging an das Hamburger Büro blauraum Architekten für sein Konzept „Mitten im Hafen“.
Zu dem von der BIG Städtebau betreuten Verfahren waren zehn Beiträge eingegangen, davon fünf von gesetzten Teilnehmern. Neun Beiträge wurden schlussendlich zum Wettbewerb zugelassen. Gesucht waren Ideen für die Entwicklung und touristische Erschließung des östlichen Hafenbereichs mit Wohn-, Beherbergungs- und Gewerbeeinrichtungen. Zugleich soll der Fischereibetrieb erhalten bleiben und als identitätsstiftender Teil des Stadtbildes erlebbar gemacht werden. Vor allem für die stark sanierungsbedürftigen Gebäude des ehemaligen Kühlhauses und der Fischhalle waren neue Raumkonzepte gefragt.
Die Jury unter Vorsitz des Architekten und Stadtplaners Heinz Nagler (Cottbus) tagte Ende November und vergab die mit 51.200 Euro (1. Platz), 38.400 Euro (2. Platz), jeweils 16.000 Euro (3. Platz) und 6.400 Euro (Anerkennung) dotierten Preise wie folgt:
- 1. Platz: blauraum Architekten, Hamburg
- 2. Platz: Beth Gali SLP, Barcelona
- ein 3. Platz: Architekturbüro Voigt, Leipzig
- ein 3. Platz: Alexander Poetzsch Architekten, Dresden
- Anerkennung: Haslob Kruse + Partner Architekten, Bremen
„Wo, wenn nicht in Sassnitz sollten Einheimische und Touristen hautnah
erleben, wie Fisch angelandet und verarbeitet wird?“, fragen die erstplatzierten blauraum Architekten in ihrem Ideenentwurf. Sie schlagen eine atmosphärische Verflechtung von Fischerei und Tourismus in Form einer neuen Hafentypologie vor. Angedacht sind zwei Neubauten – Haus der Fischerei und Hafenspeicher –, die den Fußabdruck von Kühlhaus und Fischhalle übernehmen und zwischen Wasser und Land vermitteln. Insbesondere das auf einer pfahlgegründeten, hölzernen Steglandschaft geplante Haus der Fischerei ist als neue Landmarke konzipiert, die als „gefaltete Landschaft“ von der Hafennutzung in eine Hotelnutzung überleitet. Hölzerne Stege mit Treppen und Sitzbereichen sollen die unterschiedlichen Höhenniveaus des Uferbereiches ausgleichen und neue Verweilorte mit Blick auf die Hafenkulisse bieten.
Eine unmittelbare Realisierungsabsicht besteht seitens der Ausloberin nicht, vielmehr ist beabsichtigt, für die geplante hochbauliche Maßnahme demnächst einen nichtoffenen Realisierungswettbewerb im Rahmen eines VgV-Verfahrens durchzuführen. Dabei sollen die Preisträger des Ideenwettbewerbs als Teilnehmer gesetzt und weitere über einen EU-weiten Teilnahmewettbewerb ermittelt werden. (da)
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